Wie so häufig beginnt alles mit einem Zufall. Ein Schulkamerad fragt Marcus Kießling, ob er nicht Lust auf Leichtathletik hat. Er hat, geht mit ins Training - und stellt fest, dass er beim TSV Stiefenhofen nicht in einer klassischen Leichtathletik-Abteilung gelandet ist, sondern bei der Skiabteilung, die im Sommer als Ausgleich Leichtathletik betreibt.
Also wagt sich der heute 15-Jährige in der Saison 2000/01 auch auf Skier. Die Liebe zum Skifahren wird immer größer. Unter Trainerin Marion Weber stellen sich schnell erste Erfolge ein. Jahr für Jahr geht es auf der Karriereleiter ein Stückchen nach oben: mehrfacher Sieger beim Kreiscup, vordere Plätze auf Allgäuer Ebene, Aufnahme in den Regionalkader von Herbert Hörburger und Oliver Schmid. 2006 beschließt er schließlich, sich nur noch auf den alpinen Skisport zu konzentrieren.
Für seinen Fleiß und seine harte Arbeit wird er nun belohnt: Als einziger Westallgäuer ist Marcus Kießling in den BSV-Landeskader aufgenommen worden. Unter den Trainern Benno Groß und Stephan Schmid (ehemaliger DSV-Kaderläufer aus Lindenberg) geht es für ihn seit Anfang Mai zum Stützpunkt Oberstdorf.
"Ich wollte unbedingt in den Kader. Anfangs war ich gar nicht dabei, doch dann wurden die Karten neu gemischt und über einen Sichtungslehrgang bin ich doch noch rein gerutscht", freut sich der Realschüler aus Weiler.
Für ihn ist heuer einiges neu. Von den Schülern ist er in die Jugendklasse gewechselt, seine Konkurrenz in Slalom und Riesenslalom ist nun größer und stärker. "Ich will mich im Kader etablieren und FIS-Punkte sammeln", hat er sich vorgenommen, wobei seine Gegner teilweise vier Jahre älter sind als er.

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Das Talent pendelt zwischen Schulbank und Skipiste. Nach dem Unterricht wartet meist Mutter Karin mit dem Auto. Brotzeit, Umziehen - und ab nach Oberstdorf zum Training. Fünfmal die Woche. Hinzu kommen Lehrgänge, Tests und natürlich die 30 bis 35 Rennen, die er bis Ende März absolvieren wird.
Abends stehen dann Lernen und Hausaufgaben auf dem Programm. "Die Schule kommt mir sehr entgegen", betont der 15-Jährige. Er darf Prüfungen vor- oder nachschreiben und wird wenn nötig vom Unterricht befreit. Im Sommer will er seinen Abschluss machen und dann auf die Fachoberschule gehen.
Großen Rückhalt gibt ihm seine Familie. Die spielt nicht nur Fahrdienst, sondern muss trotz der Unterstützung des Verbandes auch in die Haushaltskasse greifen um Ausrüstung und Unterkunft bei Rennen zu bezahlen. Eigene Sponsoren hat er keine. Dennoch soll sich sein großes Ziel erfüllen: "In den DSV-Kader kommen und im Weltcup fahren." Und spätestens dann soll der Zufall gar keine Rolle in der Karriereplanung mehr spielen.