"Endlich! Nesselwang atmet auf! Die 40-jährige Leidenszeit ist vorbei." So steht es derzeit auf der Homepage der Gemeinde (Punkt "Aktuelles") in einem Artikel zur Eröffnung des neuen A7-Teilstücks. Eine Woche nach der Freigabe der Autobahn in Richtung Österreich ist aus dem Aufatmen jedoch nur ein kleines Durchschnaufen geworden. Denn: Aus der erhofften Verkehrsentlastung ist bislang noch nichts geworden.
"Wir haben nach wie vor noch sehr viel Autoverkehr im Ort", sagt der Hauptamtsleiter der Marktgemeinde, Helmut Straubinger. Zwar sei die Zahl der schweren Lkw deutlich spürbar zurückgegangen, aber nach wie vor rolle der Urlauberverkehr durch Nesselwang. "Das wundert uns und dämpft die Freude über die Autobahn etwas", sagt Straubinger.
Mittwochvormittag, Nesselwang Hauptstraße. In beiden Richtungen rollen die Autos dicht an dicht. Die Fahrzeuge kommen etwa aus Frankenthal (Rheinland-Pfalz), Soltau-Fallingbostel (Niedersachsen) oder Kleve (Nordrhein-Westfalen). Dazwischen vereinzelt ein Lkw. "Es ist eigentlich wie vorher, nur weniger Laster", sagt Peter Lochbihler, der direkt an der Hauptstraße ein Geschäft für Raumgestaltung betreibt. Bevor es die Autobahn gab, fuhren auf der Ableitungsstrecke beispielsweise an einem ganz normalen Tag 16000 Autos und 1500 Lkw.
Das ergab eine Verkehrszählung im Juli.
"Es dauert immer ein wenig"
Michael Kordon, Leiter der Autobahndirektion Südbayern, Dienststelle Kempten, zeigt sich über die Situation einerseits "ein wenig überrascht", auf der anderen Seite entspricht sie seinen Erfahrungen. "Nach Um- oder Neubauten dauert es immer eine gewisse Zeit, bis eine Strecke angenommen wird." Warum derzeit - trotz umfangreicher Beschilderung - viele Autofahrer von der A7 abfahren, um über Nesselwang den Grenztunnel Füssen anzusteuern, erklärt sich Kordon vor allem mit der Macht der Gewohnheit. "Viele kennen die Strecke und fahren so, wie sie immer gefahren sind", glaubt Kordon.
Als weitere Ursache führt er an, dass die neue Route über die Autobahn möglicherweise in vielen Navigationsgeräten aufgrund veralteter Software noch nicht darstellbar sei.
Kordon hat sich die Situation vor Ort angesehen und überlegt nun, ob sich die Beschilderung auf der Autobahn etwa durch einen zusätzliches Hinweisschild verbessern ließe. Der Autobahn-Chef ist aber generell zuversichtlich: "Das wird sich alles einspielen und bald auch für Nesselwang die gewünschte Verkehrsentlastung bringen."
Die hat die neue Autobahn für die Einwohner von Seeg bereits erreicht. "Wir haben deutlich weniger Verkehr. Es ist jetzt wesentlich angenehmer", sagt Bürgermeister Manfred Rinderle. Allerdings bleibt die Freude auch in Seeg nicht ungetrübt. "Einige Bürger, die nun nahe an der neuen Autobahn leben, klagen über den Lärm. Der ist schlimmer als erwartet", sagt Rinderle.