Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Der Trauer eine Stimme geben

Allgäu

Der Trauer eine Stimme geben

    • |
    • |

    Von Michael Dumler, Buchenberg - Wenn ein lieber Mensch stirbt, ist die Trauer der Angehörigen groß. Doch es gilt nicht nur den Schmerz zu verarbeiten, sondern gleichzeitig auch die Beerdigungszeremonie zu organisieren. Was aber tun, wenn der Tote konfessionslos ist und ein Pfarrer die Trauerrede nicht hält? Die Buchenbergerin Andrea Beck ist eine von mehreren Trauerrednern im Kemptener Raum, die dann aushelfen und das Leben des Verstorbenen vor der Trauergemeinde würdigen und noch einmal Revue passieren lassen. 'Etwa 20 Minuten dauert eine Trauerrede', erzählt Andrea Beck. Dabei sei die Musikbegleitung inbegriffen. Meist redet die 38-Jährige in der Aussegnungshalle, seltener am Grab. Ein persönliches Erlebnis brachte die Altenpflegerin vor ein paar Jahren zu ihrer ungewöhnlichen Freizeitbeschäftigung. Ein Onkel, von Beruf Bildhauer und Künstler, war im Alter von 60 Jahren gestorben. 'Die Familie wollte bei der Beerdigung keinen Pfarrer dabei haben', erinnert sich Andrea Beck. Vor 300 Menschen hielt sie ihre erste Trauerrede. Der damalige Bestatter war tief beeindruckt und ermunterte die Buchenbergerin, auch bei fremden Beerdigungen zu sprechen. Zudem war Trauerarbeit für Andrea Beck kein Neuland. 'Als Altenpflegerin gebe ich Sterbeseminare und biete Sterbebegleitung an', sagt die Mutter zweier Kinder. Auch das Reden vor vielen fremden Personen bereitete ihr kaum Schwierigkeiten. Schließlich tritt sie seit über 20 Jahren mit dem Historischen Theater Buchenberg jährlich vor großem Publikum auf. 'Meist sind es Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, für die ich Trauerreden halte', erzählt die 38-Jährige. An ihre Aufträge kommt sie über die örtlichen Bestattungsinstitute. Mittlerweile hat sie aber auch in anderen Allgäuer Gemeinden - darunter Bad Wörishofen, Kaufbeuren, Obergünzburg, Unterthingau und Immenstadt - Trauerreden gehalten. Wie verfasst man eigentlich eine Rede, die einen fremden Verstorbenen noch einmal in Erinnerung rufen und sein Leben würdigen soll? 'Ich muss das Umfeld spüren, in dem der Verstorbene gelebt hat', erzählt Andrea Beck. Dazu unterhalte sie sich mit den Angehörigen meist in der Wohnung des Verstorbenen und mache sich dabei Notizen. Für beide Seiten sei dies oft eine große psychische Belastung. 'Als Trauerrednerin muss man auf die Leute eingehen und gut zuhören können', sagt die 38-Jährige. Und ein Foto des Verstorbenen helfe ihr, sich die betroffene Person besser vorzustellen.

    Besondere Aufgabe Eine besondere Aufgabe war für die Buchenbergerin die Rede für eine 18-jährige Drogen-Tote, bei deren Beerdigung viele Jugendliche anwesend waren. Hier arbeitete sie einen Abschiedsbrief der Toten an ihre Freunde ein. In einem anderen Fall waren es Gedichte von Hermann Hesse, dem Lieblingsdichter des Verstorbenen. 'Ich lasse mir aber nicht vorher in die Karten schauen', erklärt die Trauerrednerin. Auch die engsten Angehörigen würden den Text der Rede vorher nicht zu Gesicht bekommen: 'Denn ich will mit meinen Reden immer auch eine Wirkung bei den Trauernden erzielen.'

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden