Von Johannes Schlecker |MemmingerbergWenn man den Umfragen zur Präsidentschaftswahl in den USA Glauben schenkt, ist die Wahl bereits entschieden. Vieles spricht dafür, dass mit Barack Obama erstmals ein farbiger Präsident ins Weiße Haus einziehen wird. Auch der gebürtige US-Amerikaner Erwin Scheller aus Memmingerberg drückt dem Kandidaten der Demokraten fest die Daumen. Dennoch will der 78-Jährige noch nicht so recht glauben, dass das Rennen bereits gelaufen ist. "Der Faktor Rassismus kann noch eine große Rolle spielen", erklärt Scheller, der mit einem "leichten Unbehagen" dem Wahlabend entgegenfiebert.
Gemeinsam mit seiner Frau Elke hat der ehemalige Rektor der Memminger Elementary School im September seine Tochter und seinen Sohn in Kalifornien besucht und die Stimmung in der heißen Endphase des Wahlkampfs hautnah miterlebt.
Die Umfragen Von einer klaren Angelegenheit für Obama kann laut Scheller keine Rede sein. "Viele Bevölkerungsschichten werden von den Meinungsforschern gar nicht erreicht, da sie beispielsweise kein Telefon besitzen", so der 78-Jährige. Die Dunkelziffer derjenigen, die einen farbigen Präsidenten grundsätzlich ablehnen, sei groß (siehe auch Infokasten). Dennoch seien viele der Meinung, dass nur mit Obama ein politischer Wechsel möglich ist. "Es wird noch spannend", sagt Scheller.
Die Kandidaten Außenpolitisch werde sich Obama mehr darum bemühen, zu anderen Staaten freundschaftliche Beziehungen aufzubauen und auf deren Probleme einzugehen als McCain. Aber auch der Republikaner kommt bei Scheller nicht schlecht weg. "Ich bin mir sicher, dass er als Präsident alles geben würde, sich für sein Land einzusetzen", so der 78-Jährige. Mit Sarah Palin als mögliche Vize-Präsidentin habe er sich jedoch keinen Gefallen getan. Ihre Unerfahrenheit und ihre Fernsehauftritte seien schlichtweg "peinlich". Als Palin der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, habe sein Bruder (Scheller: "ein eingefleischter Republikaner") noch von einer "guten Wahl" gesprochen. "Mittlerweile denkt er anders darüber."
Die Themen Zwar habe die weltweite Finanzkrise den Irak-Krieg als dominierendes Thema abgelöst. Dennoch gehören beide Themen laut Scheller für viele Wähler zusammen. "Die Schuldenlast der USA stammt zu einem Großteil von den enormen Ausgaben, die die Bush-Regierung in diesen Einsatz investiert hat. Viele US-Amerikaner fragen sich, warum man so viel Geld ausgibt, das man eigentlich gar nicht hat."

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Die Medien Da fast alle Fernsehsender in den USA in privater Hand sind, sei die Berichterstattung nicht immer objektiv. "Viele Wähler suchen sich den Sender aus, der ihre eigene Meinung am ehesten wiedergibt", sagt der 78-Jährige. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Kandidaten und ihren Programmen komme da oft zu kurz. Er selbst informiert sich nicht nur über die deutschen Medien, sondern lässt sich zudem jede Woche das US-Magazin "Newsweek" zuschicken.
Der Wahlabend "Ich bin geduldig und werde sicher nicht die ganze Nacht aufbleiben, um mir die Wahlberichterstattung im Fernsehen anzuschauen", so Scheller. Spätestens am Mittwochmorgen will er die Entscheidung aber vor dem Fernsehgerät mit verfolgen. "Dann wird sich hoffentlich das mulmige Gefühl im Bauch wieder legen", sagt seine Frau Elke.