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Artikel: Der Mensch im Zentrum

7. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Diskussion Arbeitswelt und Kirche im Dialog

Marktoberdorf | hie | Globalisierung, Lohndumping, Betriebsverlagerungen, Leiharbeit, befristete und geringfügige Beschäftigung, Gewinnmaximierung - das sind Schlagworte, die für viele Menschen einhergehen mit Verschlechterungen ihrer persönlichen Arbeits- und Lebensbedingungen. Unter dem Titel "Arbeitswelt und Kirche im Dialog" luden daher die Katholische Betriebsseelsorge der Diözese Augsburg und die KAB Betriebsräte, Personalräte und Mitarbeitervertretungen zu einem Informationsaustausch mit Gewerkschaft und Kirche ein.

Der Vorsitzende des DGB in Bayern, Fritz Schösser, stieß unmittelbar nach einem Termin bei AGCO/Fendt hinzu. Dort werde gerade über eine Erhöhung der Arbeitszeit der Mitarbeiter ohne Lohnausgleich diskutiert, informierte er. Schösser brach eine Lanze für die Globalisierung, denn Deutschland profitiere davon.

Bedenklich sei jedoch die Globalisierung der Finanzmärkte. "Wir tanzen um das goldene Kalb und haben die Gesetzestafeln verloren", zitierte er Heiner Geißler und bemängelte, dass es weder eine internationale "Geldordnung" gibt, noch die Verantwortlichkeiten in der Globalisierung geregelt sind.

Er prangerte die Aushöhlung der gesetzlichen Rentenversicherung ebenso an wie den Rückzug des Staates aus vielen Bereichen im Wege der Privatisierung, welche dann Unternehmen und Versicherungen zur Gewinnmaximierung überlassen werden.

Öfter über Soziallehre predigen

Argumente für den Menschen - und nicht die Finanzen - als Mittelpunkt allen Wirtschaftens hatte Betriebsseelsorger Erwin Helmer. Er zitierte die Soziallehre der katholischen Kirche: "Die unangemessene Anhäufung von Gütern ist unmoralisch," heißt es darin, und "Arbeit steht vor Kapital." Er forderte, dass die Inhalte dieser Soziallehre öfter in den kirchlichen Predigten thematisiert werden. Helmer sagte, er scheue sich nicht, Telekom-Chef René Obermann öffentlich für die beschlossenen Schließungen von Callcentern anzuprangern.

"Das trifft die Schwächsten auf dem Arbeitsmarkt, immerhin 8000 Menschen, denen der Konzern stundenlange Anfahrten zu anderen Standorten abverlangt." Für Helmer haben Investitionen immer auch kulturelle und gesellschaftliche Entscheidungen zum Inhalt. Er distanzierte sich von so genannten "christlichen" Tarifverträgen, die oft die Löhne nach unten drückten.

In der anschließenden Diskussion kam zur Sprache, wo in den Betrieben der Schuh drückt. Es ging um die Angst um den Arbeitsplatz und im Zuge dessen um den sinkenden Selbstwert, wenn Mehrarbeit ohne Lohnausgleich verlangt werde. Die geringe Arbeitslosenquote Bayerns werde gelobt, über den großen Anteil an Leih- und Zeitarbeitern rede keiner, wurde bemängelt. Warum in Deutschland die Besserverdienenden nicht am sozialen Netz beteiligt sind, fragte ein KAB-Mitglied.

Etikett für faire Arbeit

Es gab auch Anregungen und Verbesserungsvorschläge aus der von Ewald Lorenz-Haggenmüller von der Betriebsseelsorge Allgäu moderierten Runde: So wie es ein Biolabel gibt, sollten auch Produkte, die unter fairen Arbeitsbedingungen produziert wurden, gekennzeichnet werden, schlug ein Betriebsrat vor.