Von unserem Redaktionsmitglied Stefan Dosch Kaufbeuren - Vielleicht ist er wegen all der jungen Leute, die er jeden Tag um sich hat, immer so guter Laune. Obwohl das dann auch für Lehrer gelten müsste - die aber hört man immer öfter über ihre Beschwernis im Umgang mit der Jugend klagen. Dabei ist Thomas Garmatsch ebenfalls auf dem Feld der Pädagogik tätig - als Leiter der Kaufbeurer Kulturwerkstatt. Diese ist eine sehr eigenständige Mischung aus Theateranstalt und Jugendzentrum, eine Institution unter städtischem Dach, die für eine Vielzahl von Kindern und Jugendlichen aus Kaufbeuren und Umgebung mehr ist als nur Freizeitvergnügen, eher schon eine zweite Heimat, und das bereits seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten. Nach außen hin stellt sich die Kulturwerkstatt überwiegend dar als Theater vornehmlich junger Leute, die mit einem eigenen Spielplan aufwarten, der pro Saison ein knappes Dutzend Neuproduktionen enthält. Eine Zahl, für die manch ein Profitheater richtig ins Schwitzen kommt. Diese 'Werkstatt' zur Einübung von Bühnenspiel und, wie noch zu zeigen sein wird, von anderem mehr, ist im wesentlichen dem Wirken von Thomas Garmatsch zu verdanken. Es war Ende der Achtzigerjahre, als eine Gruppe junger Kaufbeurer Theater-Amateure mit Garmatsch an der Spitze begann, Workshops für noch jüngere Theaterfreunde anzubieten. Der Zulauf stieg rasch an, Garmatsch gelang es, die zunächst freie Tätigkeit in eine städtisch finanzierte Stelle umzuwandeln, und Mitte der Neunzigerjahre konnte ein eigenes Theatergebäude bezogen werden, in dem es mittlerweile vier Stellen für theaterpädagogische Arbeit gibt. Wobei die Kulturwerkstatt drei Viertel ihres Personals aus eigener Kraft finanziert. Dieser Aufschwung hätte nicht stattfinden können ohne die Fähigkeit des Kulturwerkstatt-Leiters, seine junge Klientel über die Maßen zu stimulieren und damit wiederum Eltern, Förderer, Stadtpolitiker zu begeistern, die mit ihrem Einsatz den Betrieb in seinen heutigen Dimensionen erst möglich gemacht haben. Garmatsch stand dabei das Glück des Tüchtigen zur Seite. Er bekam ein ehemaliges Kinogebäude von dessen Besitzerin zur Verfügung gestellt, aber auch der frühere Oberbürgermeister war dem Kinder- und Jugendtheater besonders wohlgesonnen. Mit Recht verweist Thomas Garmatsch darauf, dass die Kulturwerkstatt sich als 'Rundum-Angebot für Kinder- und Jugendliche' versteht. Doch bildet Theater das Zentrum der Aktivitäten. Dabei geht es nicht darum, Schauspieler heranzuziehen, schon gar nicht so etwas wie künftige Bühnenstars (wiewohl der ein oder andere Ehemalige schon ins Profi-Fach gewechselt, jüngst sogar einer beim renommierten Berliner Ensemble Aufnahme gefunden hat). Die Intention von Garmatsch und seinem Team zielt vielmehr darauf ab, junge Leute nach Kräften in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. In diesem Ansatz steckt ein pädagogischer Kern, der auf Garmatschs ursprüngliche Sozialpädagogen-Ausbildung zurückverweist, ein Ansatz, der von reiner Wissens- oder Technikvermittlung nichts wissen will. Das Konzept der Kulturwerkstatt ähnelt eher der Schiller’schen Vorstellung von der Schaubühne als umfassender Bildungsanstalt, und nicht von ungefähr zählt Garmatsch zu den neueren Einflüssen die Arbeit des sozial engagierten Tanzpädagogen Royston Maldoom, der durch den Film 'Rhythm ist ist' einem breiteren Publikum bekannt wurde. Auf der selben Linie liegt, dass sich der Kulturwerkstatt-Leiter auch für die Integration behinderter junger Menschen in seine Theatergruppen stark macht. Typisch für ihn, dass er das als 'Chance für die so genannten Normalen' sieht, 'mit den Außergewöhnlichen zu arbeiten'.
Fähiger Pädagoge Der 36-Jährige ist aber nicht nur ein fähiger Pädagoge und Organisator, sondern auch ein inspirierter Theatermann. Für seine Arbeit mit Jugendlichen ist das Theater kein Vehikel, das beliebig durch ein anderes zu ersetzen wäre. 'Es geht immer um die Inhalte', sagt er über die Bühnenprojekte der Kulturwerkstatt, und nichts hasst Garmatsch mehr als ein Kindertheater, das sich mit dem Attribut 'nett' zufrieden gibt. Entsprechend selten kommen ihm Märchen auf die Bühne, viele eher setzt er auf ein sozial aussagefähiges Theater, nicht immer zum Wohlgefallen konservativer Publikumskreise. Als Regisseur hat er kürzlich seine 100. Inszenierung für die Kulturwerkstatt hinter sich gebracht, und immer mal wieder studiert er mit seinen jungen Akteuren auch Klassiker ein. Dass er auch eine Vorliebe für Zirkus hat, kommt in der neuesten, sehr aufwendigen Produktion zum Vorschein, dem komplett selbst entwickelten Stück 'Rodinia', das am heutigen Abend Premiere hat. Bleibt das Kinder- und Jugendtheater für einen kreativen Geist wie ihn eine anhaltende Herausforderung, wo nicht zuletzt auch die Altersschere zwischen ihm und der Jugend immer weiter auseinander geht?Thomas Garmatsch, sich der Problematik wohl bewusst, versucht es mit der Maxime, nicht auf dem Erreichtem auszuruhen, sondern die Kulturwerkstatt und damit sein eigenes Aufgabenfeld immer wieder neu zu erfinden. Man darf also gespannt sein, welche Metamorphosen der Kulturwerkstatt künftig noch ins Haus stehen. i Karten für die 'Rodinia'-Vorstellungen (11., 12., 17., 18., 19., 23., 24., 25., 26., 31. März gibt es bei Lotto Engels in Kaufbeuren, Telefon (08341) 23 13.