Familie stiftet Bürgermeister-Portrait dem Allgäu-Museum Kempten (li). Johann Adam Kesel regierte die Reichsstadt Kempten von 1764 bis 1770 als Bürgermeister. 1762 ließ er sich auf einem Kupferstich portraitieren. Nach dieser Vorlage entstand im 18. Jahrhundert ein Ölgemälde, das Kesels Nachfahren nun dem Allgäu-Museum stifteten.
1921 hing das Gemälde im Rahmen einer Ausstellung Kemptener Familienbilder schon einmal im Kornhaus. Heimatforscher Martin Kellenberger hatte damals eine 'ästhetisch-psychologische Betrachtung' angestellt und den 1700 geborenen Kesel als Menschenfreund beschrieben. 'Leben und leben lassen, mag die Parole gewesen sein, die seinem Erdenwallen Inhalt und Richtung gab', so Kellenbergers Fazit.
Kesel stammte aus einer alteingesessenen Kürschner-Familie. Der Kaufmann konzentrierte sein Geschäft auf den Handel mit Stoffen, Pelzen und Rauchwaren und pflegte dafür Geschäftskontakte in ganz Europa. Unter anderem war er auf der Leipziger Messe vertreten, in der Stadt selbst unterhielt er ein Warenlager. Aus seinen Verbindungen in die Schweiz und nach Italien dürfte auch die kostbare Seidenweste venezianischer Art stammen, die er auf dem von Hieronymus Wankmiller stammenden Gemälde trägt. Der Künstler zeigt den Bürger mit einer gewissen Beleibtheit, was dem damaligen Schönheitsideal entsprach.
Seine Geschäftstüchtigkeit machte Kesel zu einem der reichsten Bürger der Reichsstadt und brachte ihm den Beinamen 'Gulden-Kesel' ein. 1764 zahlte er die Rekordsumme von 1385 Gulden Steuern. Zum Vergleich: Die Kemptener Wirte mussten damals höchstens 60 Gulden, ein Zunftknecht gar nur 50 Kreuzer Steuern abliefern.
Kesel war auch Stadtrechner, also Kämmerer, und gehörte zur gehobenen Bürger-Zunft 'Zum Straußen'. Der Erfolg ebnete ihm zudem den Weg ins höchste Amt der damals nur noch 3100 Einwohner zählenden Stadt. Mit 64 Jahren wurde er gar zum 'consul rei publicae Campidonensis', Bürgermeister auf Lebenszeit, gewählt.
Landhaus im Freudental
Das Gemälde zeigt den Bürgermeister vor einem geöffneten Fenster, im Hintergrund ist sein Landhaus im Freudental zu sehen. Dabei handelt es sich um das ehemalige Wagenseil\'sche Anwesen, das Kesel kaufte und nach seinem Tod am 27. August 1776 den Familienangehörigen als Altersruhesitz hinterließ. Der Kaufmann war zweimal verheiratet und liegt auf dem evangelischen Friedhof unter der Burghalde begraben.
Seine Nachkommen wollten das denkmalgeschützte Haus samt Nebengebäude schon vor Jahren von der Stadt zurückkaufen und sanieren. 'Mein verstorbener Mann Werner erhielt beim Liegenschaftsamt aber kein Vorkaufsrecht und so gingen die Gebäude in andere Hände über', bedauert Ursula Kesel.
Johann Adam Kesel hatte in Kempten auch zwei Stiftungen ins Leben gerufen. 1772 richtete er eine Stipendienstifung ein, im April 1776 folgte die Familienfideikommiß-Stiftung. Aus den 50 000 Gulden wurden alle seine männlichen Nachfahren, die in Kempten lebten, gefördert. Zur Familie zählte auch Ingenieur Georg Kesel, der 1902 das erste Auto der Stadt besaß. Um 1950 wurde die Stiftung aufgelöst. Die Stadt Kempten ehrte die Familie durch die Benennung der Keselstraße.