Füssener Peter Franke entrinnt dem Rollstuhl und spielt in der DEL Füssen (vol). Als Peter Franke sprang, war die Welt schön und rund. Grillparty, Sonnenschein, Pool, Spaß. Und Erfolg: Peter Franke war zu Gast bei einer Familie in Seattle - als Torwart der deutschen Eishockeynationalmannschaft bei den Goodwill-Games. Ein kräftiger Hechtsprung. Den Mannschaftskameraden Thomas Werner schnell ins Wasser gestoßen, selbst gleich hinterher. Grillparty, Pool, Spaß - und nur 80 Zentimeter Wasser im Becken. Als Peter Franke auftauchte, war ein Nackenwirbel gebrochen und die Karriere fast vorbei.
Am Nachmittag waren Kinder im Wasser gewesen, der verstellbare Poolboden war hochgefahren. Für Franke selbst schien es an jenem Tag im Sommer 1990 runter zu gehen. Schneller noch als er hoch gekommen war: 1978 mit 10 Jahren erstmals für den EV Füssen im Knabentor, sieben Jahre später mit Füssen in der zweiten Eishockey-Bundesliga, `87 Abitur in Füssen, im selben Jahr dann der Profi-Vertrag beim Mannheimer ERC. In der ersten Bundesliga. Ganz oben."Das war ein Glücksfall. Früher bekamen wir Jungen noch eine Chance, anders als heute in der DEL mit den zahllosen Ausländern", blickt Peter Franke zurück. Vier Jahre konnte er als zweiter Mann von der Nummer eins Beppo Schlickenrieder einiges lernen, hatte etliche Bundesliga-Einsätze und schaffte den Sprung ins Team für die Goodwill-Games. Dem folgte der Sprung ins Becken. Peter Franke sitzt in der Stube seiner Eltern in Füssen-West. Vor sich ein Ordner mit Bildern und Zeitungsausschnitten: die Karriere des Peter Franke. Die Haare hat er akkurat zurückgekämmt, der Körper ist fit. Unter ihm die Eckbank - keine Räder. Als Peter Franke sprang, war er ein Riesen-Glückspilz: Jefferson-Fraktur. Der rettende Bogenbruch. Bei einem von hundert Nackenwirbel-Brüchen stellen die Ärzte diese Diagnose. Die restlichen 99 Betroffenen sind meist ab dem Nacken querschnittsgelähmt - oder tot. Peter Franke gehörte zu diesem einen Prozent. Vielleicht als einziger, bei dem am Unfallort zufällig ein erfahrener Feuerwehrmann war, der ihn behutsam aus dem Becken hievte. Vielleicht auch der einzige, bei dessen Unfallort eine Spezialklinik für Wirbel- und Schädelverletzungen war, in der ihm ein Stützgestell verpasst wurde, so gut und innovativ, dass es die Münchener Klinik "Rechts der Isar" später nachbauen ließ. Jedenfalls hatte er einen Schutzengel."Einen? Fünfundzwanzig!" lacht Peter Franke heute. "Das ist stochastisch ein Riesen-Ding." Trockener Humor ist die eine Eigenschaft. Biss die andere. Franke ließ sich vom Nackenwirbelbruch nicht lähmen. Er hatte ein Ziel vor Augen: "Nach der Diagnose wusste ich, ich werde wieder spielen kön-nen." Beim Füssener Physiotherapeuten Ha-rald Fritsch trainierte Franke seinen Nacken. Am 3. August war er an jenem Becken ge-standen, im Dezember stand er wieder im Eishockey-Tor. Wieder auf dem Weg nach oben. Zwei Jahre darauf war Franke als Nachfolger von Schlickenrieder die Nummer eins im Mannheimer Kasten. 1994 wechselte er zu den Füchsen Sachsen für zwei Jahre, dann zwei Jahre Krefelder EV. Als Peter Franke im Krankenbett lag, noch vor der Diagnose, hatte er sich überlegt, wie es wäre, querschnittsgelähmt zu sein. Doch 1998 bewahrheitete sich ein anderes Gedankenspiel. Ein Jugendtraum. Der eines jeden Eishockeyspielers: Düsseldorf, Brehmstraße. Peter Franke unterschrieb bei der Düsseldorfer EG. Der Zeitungs-Ordner wurde dicker: "Franke wie ein Weltmeister" schreibt die "Bild"-Zeitung. Vor 12 500 Fans wird Düsseldorf im Play-Off-Finale der 2. Bundesliga Meister 2000. Nach zwei Jahren steigt die DEG wieder in die DEL auf. Der Torwart mit der besten Statistik der Liga: Peter Franke. In diesen Tagen wird er nach einer Leserwahl der Boulevardzeitung "Express" als Spieler des Jahres ausgezeichnet werden. "Früher hab\' ich mal gesagt: Wenn ich einmal so was gewinne, höre ich auf." Das wäre diesmal freiwillig, aber ein paar Jahre hängt er noch dran.