Wie fühlt sich das an, wenn man niemals seine Familie, sein Haus und die Blumen im Garten sieht? Wenn man als sechsjähriger Bub von zu Hause fort muss, um in einer Spezialschule das Lesen und Schreiben zu "begreifen"? Walter Bannert weiß, wie das ist, denn er ist blind. Im Rückblick sagt der heute 66-Jährige: "Weil ich stets viel Hilfe erfahren durfte, habe ich immer das Bedürfnis gehabt, Schicksalsgenossen zu helfen".
Eine Krankheit zerstörte sein Augenlicht schon kurz vor seinem ersten Geburtstag. Ein bitteres Lächeln macht sich im Gesicht des Mannes breit, wenn er davon erzählt, wie seine Familie nach der Flucht aus dem Sudetenland in Vöhringen seine neue Heimat fand, "und ich sozusagen in die Blindheit hineingewachsen bin."
Dieses "Hineinwachsen" war bald schon mit Heimweh verbunden, denn der blinde Bub konnte das Lesen und Schreiben nur im Blindenschulinternat in Augsburg erlernen. Danach arbeitete er im Bürstenbinder-Handwerk, bis er erfuhr, dass im Kemptener Fernmeldeamt eine Ausbildungsaktion für augenlose junge Menschen zum Telefonisten gestartet wurde. Noch heute ist er den Ausbildern im Blindenbund dankbar, die ihm bei diesem "Aufschwung" zur Seite standen.
Erblindeten Mut machen
Walter Bannert nahm sich vor, "als Blinder selbst etwas für Blinde zu tun". Neu Erblindeten macht er wieder Mut. Ein strahlendes Lächeln überzieht das Gesicht von Walter Bannert, als er davon erzählt, wie er per Telefon seine Erika kennengelernt hat. Über 30 Jahre ist das her, vier Töchter hat das Ehepaar bekommen. Ein Häuschen in Krugzell, Tandemrad- und Wandertouren sowie Auftritte als Akkordeonmusikant nennt er "Kraftpillen", um sein Anliegen umzusetzen: durch Aufklärungsarbeit in den Schulen der Jugend den Umgang mit Blinden und Sehbehinderten zu erklären. Für seinen seit vier Jahrzehnten andauernden Einsatz verlieh ihm der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer kürzlich das Bundesverdienstkreuz.