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Der Agenten-Trainer

Kampfkunst

Der Agenten-Trainer

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    Der Agenten-Trainer
    Der Agenten-Trainer Foto: privat

    Der Mann gegenüber wird einsilbig, seine Lippen werden schmäler und die Pupillen weiten sich: Jetzt weiß ein FBI-Agent, dass er zuschlagen muss. Tut er es nicht, wird es höchstwahrscheinlich sein Gegner tun. Denn die oben genannten Körpersignale sind Anzeichen dafür, dass der andere zum Angriff bereit ist. Solche Dinge lehrt Hans-Jörg Reimers den Agenten der Bundespolizei in den USA. Gerade ist der 46-jährige gebürtige Memminger wieder zu einem Lehrgang nach Washington aufgebrochen, wo das Federal Bureau of Investigation (FBI) seinen Hauptsitz hat.

    Der Wahlmünchner ist Großmeister der chinesischen Kampfkunst Wing Tsung (siehe Infokasten). Aber auch der Unterricht in Körpersprache gehört zur Kampfausbildung der amerikanischen Agenten. "Wir trainieren für den Ernstfall", betont Reimers und erzählt: "In Amerika sind Schusswaffen weit verbreitet. Immer wieder sterben Agenten im Dienst." So würden immer wieder bekannte Gesichter in seinen Lehrgängen fehlen. "Ich überlege dann, wie man deren Tod hätte verhindern können und was wir an der Ausbildung verbessern müssen." Mit den FBI-Agenten macht Reimers, der von seinen Schülern Dai-Sifu (väterlicher Lehrer) genannt wird, auch Yoga-Übungen: "Dadurch lernen die Agenten, auf Kommando aggressiv zu werden und sich nach einem Einsatz schnell wieder zu entspannen."

    Schulung für Leibgarde

    Reimers tanzt auf vielen Hochzeiten. Jährlich unterrichtet er in rund zehn Ländern. Auch die Leibgarde des Scheichs von Katar hat er schon trainiert. Ein Angebot, ausschließlich für das FBI zu arbeiten, lehnte er ab. Ebenso wie er schon dutzende Angebote beim Film ausschlug: "Das wäre zu zeitaufwendig. Außerdem stehe ich lieber hinter der Kamera", sagt er mit ruhiger Stimme. Hinter der Kamera bedeutet beispielsweise, dass er in den Bavaria-Filmstudios in München Stuntmen schult. Bleibt ihm noch etwas Zeit, arbeitet der 46-Jährige als Bodyguard für Filmgrößen wie Richard Norton oder Jean-Claude Van Damme. Apropos Film: Als Kind war Schauspieler und Kampfkünstler Bruce Lee sein großes Vorbild: "Ich wollte Bretter zerschlagen können wie er.

    " Heute ist der Wing Tsung-Meister Reimers zu noch viel mehr fähig: In einer Sekunde kann er bis zu zwölf Fauststöße abgeben. Um das zu beherrschen, trainiert er vier bis sechs Stunden täglich - und das seit vielen Jahren. Allerdings fügt er lächelnd hinzu: "Man muss schon fanatisch sein, sonst hält man das nicht durch."

    Im Übrigen gehören auch Manager zu den Schülern des Großmeisters. Allerdings nicht in Sachen Kampfkunst. Vielmehr gibt er ihnen Tipps, wie man durch die Körpersprache beim Gegenüber gut ankommt: "Gerade Körperhaltung und dem anderen in die Augen schauen." Fasst man sich dagegen an die Nasenspitze oder kratzt sich am Kopf, ist das laut Reimers ein Ausdruck für Verlegenheit - außer natürlich, die Kopfhaut juckt. Aber selbst dann würde es sich ein FBI-Agent in einer brenzligen Situation wohl genau überlegen, ob er dem Juckreiz nachgibt. INFOKASTEN: Wing Tsung (nach oben)

    • Wing Tsung ist ein chinesischer Kampfkunststil, der vor etwa 250 Jahren von einer Frau entwickelt wurde.
    • Im Vergleich zu herkömmlichen Kampfsportarten wird beim Wing Tsung auf überflüssige, verschnörkelte Bewegungen verzichtet.
    • Wettkämpfe mit Punktesystem wie etwa bei Judo oder Karate gibt es nicht, da es keine sportlichen Regeln gibt. Außerdem wäre die Verletzungsgefahr bei Wettkämpfen zu groß, meint der gebürtige Memminger Hans-Jörg Reimers, der zu den Großmeistern dieser Kampfkunst zählt.

    Die Basis von Wing Tsung ist ein Trainingssystem, das taktile Reflexe schult: Ein Fortgeschrittener ist beispielsweise in der Lage, sich mit verbundenen Augen zu verteidigen, weil er fühlt, was der Angreifer vorhat. (evh)

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