Ein schönes unbeschwertes Fest wollte Dekan Ortwin Gebauer zum 30. Jahrestag seiner Priesterweihe feiern. Doch inzwischen denkt er an den Tag nur noch ungern zurück. Mit dem Wirt streitet er um die Höhe der Rechnung. Womöglich endet der Fall vor Gericht.
Die Aussagen der Beteiligten widersprechen sich völlig. Klar ist nur, dass der Wirt der "Weinstube Reutin" die Bewirtung des Festempfangs übernommen hat, zu dem die Gäste im Anschluss an den Gottesdienst am 27. Juni in den Rokokosaal eingeladen waren. Gebauer habe mit den Mitgliedern der drei Gemeinden der Pfarreiengemeinschaft feiern wollen. Damit auch die Gläubigen etwas von dem Fest haben, hätten nicht die Kolpingfrauen gekocht und der Pfarrgemeinderat gebacken oder so ähnlich. Stattdessen habe er einen Wirt beauftragt. Und anstelle der üblichen Geschenke übernehme die Kirchenverwaltung einen Großteil der Rechnung.
Der Wirt behauptet nun, die Kirche wolle die Zeche prellen. "Die Rechnung über 5252,42 Euro ist nicht bezahlt", klagt Albert Nagel und wettert: "Wenn man Kirchenmännern nicht mehr trauen kann, dann ist es weit mit uns gekommen." Nagel erzählt, dass Gebauer bis zu viermal in der Woche bei ihm zum Mittagessen war. "Der Dekan war Stammgast bei uns." Als die Planungen für das Priesterjubiläum von Gebauer anstanden, bat er die Wirtsleute der "Weinstube Reutin", für die Verpflegung der Gäste zu sorgen.
"Wir haben, was die Kosten angeht, eine genaue Vereinbarung getroffen", schildert Nagel und ergänzt, Gebauer habe zunächst mit 150 Gästen und 15 Euro pro Person fürs Essen gerechnet. "Außerdem haben wir einen sehr guten Rotwein für elf Euro pro Flasche dazu gereicht", sagt Nagel.
24 Stunden vor der Feier habe Gebauer die Gästezahl deutlich nach oben korrigiert. "Von 250 Leuten war jetzt die Rede", erinnert sich Nagel. Die kurzfristige Änderung des Plans habe für die Weinstube einen erheblichen Mehraufwand bedeutet. Alle Mitarbeiter seien mobilisiert worden, und in einer Nachtschicht bereitete das Team insgesamt 1300 Teilchen vor. Und alles habe nach Ansicht des Wirts wunschgemäß geklappt. Anstatt des Geldes sei später aber ein Brief der Kirchenverwaltung ins Haus geflattert: In diesem werde die Rechnung ohne Begründung abgelehnt. Die Gastronomen sollten sich vielmehr mit einem Betrag von 2500 Euro zufriedengeben.
Gebauer und sein Priesterkollege Martin Awa bestreiten Nagels Darstellung heftig. Nie habe man einen Preis ausgemacht, weil das Sache der Kirchenverwaltung ist. Awa berichtet sogar, dass man Nagels Preisforderung von Anfang an als zu hoch empfand. Deshalb sei eine Vertreterin der Kirchenverwaltung zum Wirt gegangen, um eine Regelung zu treffen. Diese habe Nagel mit der falschen Behauptung weggeschickt, das habe Gebauer schon abgesprochen.
Deshalb sei Gebauer auch "geschockt" gewesen, als er am Tag nach seinem Fest die Rechnung in Händen hielt. Zumal die Qualität des Essens überhaupt nicht die Erwartungen getroffen habe. "Einfachste Butterbrote" seien es unter anderem gewesen. Und zum Trinken habe der Wirt nur drei Kartons Wasser mitgebracht, so dass man den Gästen bei der Hitze habe Leitungswasser einschenken müssen.
Und das mit den Gästen sei auch erfunden. Richtig ist laut Gebauer, dass rund 150 Gäste da waren. Richtig sei auch, dass er am Tag zuvor den Wirt angerufen habe, um zu fragen, ob dieser 250 Gläser stellen könne oder ob die Pfarrei eigene dazuholen solle. Es sei aber nicht wahr, dass er mehr Speisen bestellt habe. Dafür gebe es Zeugen.
Enttäuscht ist Gebauer nicht nur, dass der Wirt eine aus seiner Sicht völlig überzogene Rechnung gestellt hat. Denn die Kirchenverwaltung sei sofort kompromissbereit gewesen. Um die leidige Sache aus der Welt zu schaffen, haben die Gemeinden schriftlich als Vergleich 2500 Euro angeboten. Damit habe sich Nagel am 5. Juli um 15.53 Uhr per SMS "der guten Freundschaft wegen" einverstanden erklärt. Aus Sicht von Rechtsanwalt Heribert Hostenkamp, der die Kirchenverwaltung inzwischen berät, eine juristisch einwandfreie Art, zuzustimmen. (dik, nyf)