Von Klaus Bielenberg |FüssenDas war ganz große Klasse! In einem Konzert des Festivals "Vielsaitig" im Fürstensaal schuf das renommierte, unwahrscheinlich relaxte Lehel Quartett effektvoll den Brückenschlag zwischen Jazz, Klassik, ungarischer Folklore und Zigeunermusik. Dazu gesellten sich zehn Musikstudenten, die mit sichtlicher Freude ihren Part wahrnahmen, und das hochkarätige Verdi Quartett, das konzentriert und dennoch genussvoll mit dem richtigen Gespür für die rhythmischen Finessen kongenial kooperierte. Die Zuhörer waren berauscht von den mitreißenden Klangerlebnissen.
Zu Beginn des Programms punktete Peter Lehel bereits mit "Cry me a river" von Arthur Hamilton mit seinem funkelnden, ausdrucksstarken Spiel auf dem Saxophon. Im Bolero des Puerto Ricaners Pedro Flores offenbarten seine Bandmitglieder Ull Möck (Piano), Mini Schulz (Bass) und Dieter Schumacher (Percussion) bei den Ausbrüchen aus den strukturierten Passagen zum freien Spiel, welch facettenreiches Spektrum sie zu bieten hatten.
Nur zwei Tage für Proben
Beim Stück "Fantasie", einer Komposition Peter Lehels, kam es zur Symbiose zwischen dem Jazzquartett und zehn klassischen Streichern. In diesem Werk wird der Tageslauf eines gewöhnlichen Menschen beschrieben. Die fünfteilige Komposition ist nur in wenigen Passagen ausgeschrieben, weite Teile wurden von den Künstlern des Lehel Quartetts improvisatorisch voll genützt.
Den manchmal fordernden, manchmal schmeichelnden Streicherpart erfüllten die jungen Musiker, die nur zwei Tage Zeit für die Proben hatten, mit Bravour. Weichen, warmen Klang legten sie in die "Aufwachphase", für die Zeit des Wachsens und Lernens ließ Lehel sein leichtfüßiges perlendes Saxophonspiel erklingen, mit bewusst stressigen Flageolettsequenzen reizten die Streicher beim enervierenden Alltagsgeschäft. Wohltuende, melodiöse Züge brachte die "Siesta". Die fröhliche Feier im Finale endete mit rassiger südamerikanischer Rhythmik.

TV Programm heute
"Was ihr nicht seht": So wird der neue Tatort heute aus Dresden
Archaische Modalität und osteuropäische Folklore waren beim Folk Song aus dem Saxophon-Concerto von Lehel unüberhörbar. Er glänzte mit seinem Sopransaxophon als Ideengeber, die Streicher überzeugten bei der melodischen Führung.
Improvisatorische, ekstatische Läufe des Klaviers und des Saxophons schwangen sich bei der Uraufführung des "Adagios" über die voll klingenden Barocktöne des Orchesters.
Nach der Pause war die Aufführung der "Hungarian Rhapsody" zweifelsohne der Höhepunkt des Abends. Zusammen mit der klanglichen Geschlossenheit des Verdi Streichquartetts vermittelte das Jazzquartett mit fesselnden Solipassagen eine einmalige Kombination der Spielweisen des "modern jazz" mit sich öffnenden Klangvorhängen, gefühlvoll getragener Melancholie, aber auch rassigem Temperament bei den Zigeunerweisen und heißen Csárdás Elementen.
Peter Lehel als Komponist und die beiden Formationen haben hier viele subtile Möglichkeiten einer überzeugenden Verbindung zwischen E- und U-Musik meisterhaft aufgewiesen.
Mit Jubelrufen, Trampeln und rhythmischem Klatschen erzwangen sich die, wie es Lehel ausdrückte, "hartnäckigen" Zuhörer zwei Zugaben, die mit der Darbietung der Musik über Liebe und Tod in "Gloomy Sunday" vom ungarischen Komponisten Seress zum berührenden Finale führten.