Kempten | sh | Es ist die Angst um ihre beiden Kinder, die die junge Iranerin nicht ausbrechen lässt aus ihrem Gefängnis. Die Angst davor, dass ihr Mann die Kleinen büßen lassen könnte für den "Ungehorsam" seiner Frau - und das nicht im fernen Iran, sondern mitten in Deutschland, in Kempten. "Wo bleiben da die Menschenrechte und wie können wir dieser Frau helfen?" An eine prominente Gesprächspartnerin richtet Gottfried Feichter vom Verein Ikarus Thingers an diesem Nachmittag seine Frage. An eine Frau, die sich wahrlich auskennt mit Recht und Gesetz, schließlich war sie vier Jahre lang Bundesjustizministerin: Dort, im kleinen Hinterzimmer des Café Zimmermann, sitzt Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin. Am Abend soll ihr in Kaufbeuren eine Auszeichnung der sozialdemokratischen Frauen verliehen werden - und so macht sie in den Stunden zuvor Wahlkampf für die Allgäuer SPD.
Berührungsängste hat die 65-Jährige nicht - geht es doch eher familiär zu an diesem Nachmittag, der ganz den Menschenrechten gewidmet ist. Ruhig hört sich die frühere Ministerin die Sorgen der örtlichen Aktivisten an, macht sich Notizen, gibt Antwort. So wie im Fall der jungen Iranerin, die sich am liebsten von ihrem Mann trennen würde.
"Wenn sie das wirklich will, kann sie Hilfe bekommen - nur muss sie den Sprung erst mal wagen", sagt Däubler-Gmelin und meint damit die Flucht in ein Frauenhaus und einen Scheidungsprozess. Dann rät sie Feichter noch dazu, eine Anwältin zu engagieren, die auf Familienrecht spezialisiert ist.
Und sie geht auf einen Fall ein, den ihr Hanna Haas von der Kemptener Amnesty International-Gruppe schildert: Eine Kurdin, Mutter von vier Kindern und vom Mann verlassen, der die Abschiebung in die Türkei droht und die aus Angst davor inzwischen krank geworden sei. "Wie kommt es dazu, dass die Behörden es unterschiedlich sehen können, ob diese Frau abgeschoben werden darf oder nicht?", fragt Haas die Expertin.
"Tja", sagt diese und geht dann auf das "Dilemma" ein, dass durch die Eigenständigkeit der Bundesländer solche Fragen mitunter ganz verschieden gehandhabt werden können. Und das ist noch nicht alles: Beim Thema Folter ist die Vorsitzende des Bundestags-Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe ganz in ihrem Element.

Kurze Verfolgungsjagd
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Sie gestikuliert und argumentiert und führt die Zuhörer in ihrem unverwechselbaren schwäbischen Zungenschlag verbal durch das Unrecht und Elend der Welt, um schließlich zur Situation in Deutschland zurückzukehren. Denn eines, so meint die 65-Jährige, dürfe man bei all der Diskussion um beschnittene Menschenrechte nicht vergessen: "So lange sind bei uns die Verhältnisse auch noch nicht anders."