Von Volker Klüpfel, Memmingen - Zu einer 'Enttabuisierung des Themas Tod' wollte der Rotary Club Memmingen-Allgäuer Tor nach den Worten seiner Präsidentin Carmen Lindwor-Keitel mit einer Veranstaltung am Samstag beitragen. Unter dem Titel 'Der Mensch und sein Tod' wurden ganz konkrete rechtliche Tipps gegeben, die ein menschenwürdiges Sterben sicherstellen können. 'Wir sprechen hier über das Recht auf den Tod', formulierte Notarin Sigrun Erber-Faller zu Beginn ihres Vortrags. Genau das könne sich der Mensch schon frühzeitig sichern - in Form einer Patientenverfügung. 'Es gab einen Fall, in dem ein junger Mensch nach einem Autounfall nicht mehr zu Bewusstsein kam', konkretisierte die Notarin ihre These an einem Beispiel. Der junge Mann sei dann jahrelang in einem Pflegeheim am Leben erhalten worden, bis die Familie diesen Zustand nicht mehr ertragen konnte und einen würdigen Tod des Sohnes forderte. Doch im Pflegeheim sah man das anders. Es wurde geklagt und die Heimleitung bekam schließlich Recht. 'Da keine Patientenverfügung da war, konnte man den Willen des Mannes nicht feststellen', so Erber-Faller. Erst Jahre später sei der Mann an einer Infektion gestorben, ohne noch einmal das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Solche Fälle könne man verhindern, indem man selbst festlege, wie in aussichtslosen medizinischen Fällen zu verfahren sei, sagte Erber-Faller. Dennoch sei das Thema 'Patientenverfügung' nicht populär. Probleme würden sich laut Erber-Faller immer dann ergeben, wenn der Wille des Patienten nicht mehr zweifelsfrei feststellbar sei. Oft bleibe nur der Gang vors Vormundschaftsgericht, das zwar nicht entscheide, ob der Patient weiterleben oder sterben soll, aber einen Bevollmächtigten ermittelt, der dann im Sinne des Sterbenden Entscheidungen trifft. 'Das Vormundschaftsgericht muss auch entscheiden, wenn Arzt und Bevollmächtigter unterschiedlicher Auffassung über den Fortgang der Behandlung sind', so Erber-Faller. Doch juristisch ist vor allem eine Frage nicht zu beantworten: Die Frage, wann der Mensch als Sterbender gilt.
'Der Tod ist anders geworden als früher', sagte Barbara Wilkens, Pfarrerin, Trauerbegleiterin und Beraterin der Deutschen Hospizstiftung München. 'Heute gilt der Hirntod als Ende. Aber ist der Mensch nur sein Hirn?' Zitat Das Geheimnis, das jeder mit ins Grab nimmt, muss ein wenig gelüftet werden.} Mitorganisator Eckart Engert Auch der Arzt nimmt eine verantwortungsvolle Stellung beim Sterben eines Menschen ein. 'Wir leben immer länger, aber es ist wichtig, dass wir uns mit den Fragen beschäftigen, die das Ende unseres Lebens betreffen', sagte Dr. Andreas Küthmann, Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses Memmingen. Auch er erachte eine Patientenverfügung als äußerst hilfreich in der Kommunikation zwischen Arzt und Patient. In der Verantwortung des Arztes liege es, Leben zu erhalten, allerdings 'nicht unter allen Umständen'. Leitlinie seien hier die Grundsätze der Bundesärztekammer, die unter anderem festlegten, dass Entscheidungen des Arztes über die Behandlung eines Menschen nicht von wirtschaftlichen Überlegungen geleitet werden dürften. Die Experten rieten, selbst Entscheidungen zu treffen, solange man dazu noch in der Lage sei. Auch wenn nicht jeder Fall im Vorhinein detailliert regelbar sei. Nach dem von rechtlichen Fragen beherrschten ersten Teil der Veranstaltung im Antoniersaal widmete sich ein zweiter Teil in der Martinskirche der emotional-metaphysischen Seite des Themas (siehe nebenstehenden Artikel). i Auf der Internetseite www2. justiz. bayern. de/_broschueren/uebersicht. htm hat das Bayerische Justizministerium eine Broschüre zum Download bereitgestellt, die sich mit dem Thema Patienten- und Betreuungsverfügung auseinander setzt.