KemptenBei der TiK-Eigenproduktion "Heute Abend: Lola Blau" verwandelt sich der Theaterdirektor in den Regisseur: Peter Baumgardt selbst inszeniert dieses "Musical für eine Schauspielerin", wie Georg Kreisler sein Stück aus dem Jahr 1971 bezeichnete.
Herr Baumgardt, wollen Sie die Lebensgeschichte einer Frau erzählen oder ein Lehrstück aus der Nazi-Zeit?
Baumgardt: Ich möchte die Entwicklung einer Frau zeigen, die unbedarfte Vorstellungen von einer Theaterkarriere hat - und erfahren muss, dass vieles nicht so ist, wie sie es sich vorstellt. Das kann zu jeder Zeit passieren, auch heute. Aber vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges ist es spannend, dass Lola sich zuerst nicht als Jüdin sieht, sondern nur als Schauspielerin. Dabei schwingt auch Kreislers eigenes Leben mit: 1922 geboren, musste er 1938 vor den Nazis fliehen und in die USA emigrieren. 1955 kehrte er nach Europa zurück. Mit Lola Blau spinnen wir den roten Faden in dieser Spielzeit weiter: Wir thematisieren die Kunst im Allgemeinen und Künstlerleben im Speziellen.
Sie reden von einer bitterernsten Komödie. Was ist bitter, was ist ernst, was ist lustig?
Baumgardt: Kreisler will die Zuschauer durch komische Szenen und Wortwitz zum Lachen bringen. Zugleich soll ihnen aber das Lachen im Hals stecken bleiben, denn Lolas Geschichte, ist ernst, manche Szenen sind sehr bitter.

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Wie setzen Sie das in Ihrer Inszenierung um?
Baumgardt: Wir haben eine Reihe sehr klamaukhafter Szenen, um die Gegensätze herauszuarbeiten. Und wir verzichten auf alles, was ablenkt. Requisiten werden sparsam und symbolisch eingesetzt. Hector Solaris Video-Einspielungen sind durchweg assoziativ, sie sollen die Stimmungen Lolas vermitteln.
Wie sind Sie zu Ihrer Lola, also Frau Graue gekommen?
Baumgardt: Ich hatte eine ganze Reihe von Bewerbungen bekommen. Vier Auditions organisierten wir in Berlin, zwei in Kempten. Alle - mit Ausnahme von Claudia Graue - wollten jüdische Mädchen darstellen. Aber das wollte ich nicht. Claudia Graue verwandelte sich am überzeugendsten von einem naiven Mädchen in eine reife Frau. Das bestätigt sich auch jetzt bei den Proben.