Mehr als 300 Euro pro Einwahl Anzeigen auch in Kempten Kempten (buc). Sie garantieren einen wortwörtlich 'teuren Spaß' beim Surfen im Internet: Einwahlprogramme, so genannte 'Dialer', sorgen für böse Überraschungen beim Blick in die Telefonrechnung (die AZ berichtete mehrfach). 'Bei uns hat sich schon jemand gemeldet, der hatte durch diese 0190-Verbindungen 6500 Euro auf seiner Rechnung', sagt Andreas Winkler von der Verbraucherzentrale Kempten. Bis zu 20 Anfragen gehen bei ihm pro Woche zu diesem Thema ein.
Betroffen sind alle Computer-Nutzer, die sich über Modem oder ISDN ins Internet einwählen und zumeist auf Spiele- und Erotikseiten einen Dialer herunterladen und installieren. Teuer wird\'s, wenn dieses Programm dauerhaft und unbemerkt eine 0190-Verbindung als Standardverbindung ins Internet einrichtet. Vor allem '300-Euro-Dialer', so Winkler, seien in jüngster Zeit unangenehm aufgefallen. Die verursachen Kosten von 300 Euro und mehr pro Einwahl!
Webdialer, unterstreicht neben Winkler auch Lothar Fischer von der Kripo Kempten, seien ein legales und übliches Abrechnungssystem im Internet. Viele seriöse Anbieter wie etwa die Stiftung Warentest nutzen sie. Diese Dialer weisen deutlich darauf hin, dass es sich um eine kostenpflichtige Verbindung handelt, die aufgebaut wird. Zudem, so Winkler, werden Wirkungsweise des Programms und Höhe der Kosten genau erklärt. Auch sei deutlich erkennbar, um welchen Anbieter es sich handelt und wie der für Beschwerden erreichbar ist.
Unseriöse Anbieter, warnt Fischer, kümmern sich nicht um den Verhaltenskodex der Freiwilligen Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste. Die Rückverfolgung dieser Nummern sei in der Regel sehr aufwändig, da sie mehrfach weiter vermietet werden. Auch bestehe ein meist mehrwöchiger Abstand zwischen dem Surfen unter 0190 und dem Erhalt der Telefonrechnung.
Beweise sichern!
Wer sich für eine Anzeige bei der Polizei entscheidet, müsse Beweise sichern, so Fischer und Winkler. Dies könne durch Ausdrucke von Bildschirmfotos oder dem Abspeichern der betreffenden Programme auf Diskette erfolgen. Wird der vom Dialer 'befallene' Computer von Spezialisten der Polizei untersucht, durchleuchten die Beamten nur den Bereich 'Datenfernübertragung'. Alle Daten, die mit der Privatsphäre zu tun haben, sind für die Ermittler nicht interessant, betont Fischer.
Bisher, weiß Fischer, laufen bayernweit 16 Verfahren wegen des Verdachts auf Wucher und Betrug gegen 0190-Anbieter. Anfragen gibt es von Geschädigten aus dem Kemptener Raum bei der Kripo immer wieder. Bei der Kemptener Staatsanwaltschaft, so Leitender Oberstaatsanwalt Herbert Pollert, seien bereits einige Verfahren anhängig, die in Bezug auf den Wucher-Paragraphen geprüft werden.
Was aber tun, wenn die Telefonrechnung kommt und wegen eines 0190-Dialers erschreckend hoch geworden ist? Beim Rechnungsersteller, in der Regel der Telekom, reklamieren und einen Einzelverbindungsnachweis fordern, rät Winkler. Falls der Rechnungsersteller auf Bezahlung besteht, könne der Betrag unter Vorbehalt gezahlt werden. Sex-Seiten können sehr teuer werden. Achtung, wenn plötzlich die Frage auftaucht, ob man ein Programm installieren will (oben links). Hinweise, wie teuer eine 0190-Verbindung ist, gibt\'s nicht immer und oft sind sie nicht sehr präzise (unten rechts). Fotomontage: Schollenbruch