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Das Grauen bekommt mit Leni ein Gesicht

Stiefenhofen

Das Grauen bekommt mit Leni ein Gesicht

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    Das Interesse ist groß. Rund 200 Besucher sind am Sonntagabend in die Stiefenhofener Turnhalle gekommen, um Leo Hiemers Film "Leni muss fort" zu sehen. 15 Jahre nach der Premiere erfolgt die Aufführung aus Anlass des heutigen Holocaust-Gedenktages.

    Im Film heißt der Ort Vogelsang und das Mädchen Leni. Tatsächlich aber ist das Schicksal von Gabriele Schwarz zu sehen, die in Stiefenhofen aufwuchs. Daraus wurde nie ein Hehl gemacht, und das wissen auch die Stiefenhofener. Ihr Interesse an dem Schicksal des jüdischen Mädchens, das 1943 im Konzentrationslager Auschwitz starb, ist riesengroß. 200 Besucher füllen die Turnhalle, die mittels Großleinwand und Tontechnik zum Kino wird.

    Der Film zeigt , wie das Mädchen kurz nach der Geburt von der Stiefenhofener Familie Aichele aufgenommen und wie ein eigenes Kind groß gezogen wird. Die Betroffenheit nach dem Film war spürbar. Leo Hiemer ist dem Publikum dankbar, dass es einen Moment der Stille und Einkehr gibt. "Eine positive Reaktion", stellt er fest.

    Besonderer Gast der Aufführung ist die 8-7jährige Resi Baumann. Sie ist die Tochter jener Familie, bei der "Leni" aufwuchs. Dem Filmemacher Hiemer hat sie inzwischen gestanden, dass ein Detail im Film falsch sei. Dort ist zu sehen, wie ihr Vater alle Andenken an Leni alias Gabriele verbrennt. Tatsächlich aber hat Resi Baumann einen Großteil der Erinnerungsstücke aufgehoben. Diese will Hiemer sichten und seine Recherchen fortsetzen.

    Sie seien vor 20 Jahren sehr schwierig gewesen: "Es gab damals viel Schweigen". Erst als er mit seiner Mutter kam, die in Stiefenhofen aufwuchs und Gabriele Schwarz selbst kannte, öffneten sich die Türen. Geschichten und Fotos aus den Jahren 1937 bis 1942 folgten. So dauerte es fast fünf Jahre, bis der Film gedreht werden konnte. 1994 war er fertiggestellt und wurde damals in Stiefenhofen gezeigt.

    In die Kinos kam er zunächst nicht. So gründete Hiemer selber einen Verleih und führte den Film mit einem eigenen, mobilen Kino auf. Der Film erreichte damals im Allgäu 20000 Zuschauer. Zu sehen war er später auch im Fernsehen in der ARD und auf Arte. Auf Festivals erhielt Hiemer zahlreiche Preise.

    Als "mutig" bezeichnet einer der Besucher am Sonntag die Aufführung in Stiefenhofen. "Es gibt viele Orte, in denen Ähnliches passierte". Dort aber werde es nicht thematisiert. "Es ist hervorragend, dass in Stiefenhofen der Mut da war, den Film zu zeigen". Diesem Kompliment an die Stiefenhofener schließt sich Hiemer an. Es hätte aber auch ein anderes Dorf sein können. Schließlich habe es Millionen ähnlicher Schicksale gegeben. Weil er im Allgäu aufgewachsen sei, wollte er aber dieses Schicksal zeigen.

    An die Schattenseiten habe er sich heranwagen wollen. Denn auch sie gehörten dazu: "Nur dann bin ich im ganzen Herzen Allgäuer".

    Betroffen zeigt sich eine Zuschauerin: "Jedes Mal, wenn ich den Film sehe, bleibt mir die Luft weg. Er bewegt mich lange. Das Grauen vor 70 Jahren bekommt mit Leni ein Gesicht." Mahnende Worte gibt Leo Hiemer dem Publikum mit auf den Nach-Hause-Weg: Der Film zeige, wie schnell aus bösen Gedanken böse Worte und daraus böse Taten werden könnten. "Daher: Aufpassen. Gut denken."

    Termin: Der Film "Leni muss fort" ist am heutigen Holocaust-Gedenktag im "Staufen-Filmtheater" in Oberstaufen zu sehen. Leo Hiemer will auch zu dieser Aufführung um 20 Uhr kommen. Weitere Termine: Samstag, 31. Januar, 17.30 Uhr, Dienstag, 3. Februar, 20 Uhr.

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