Erst brachten die früheren Schülerinnen ihre Töchter am ersten Schultag in die Realschule nach Lenzfried. Dann begleiteten sie ihre Enkelinnen. Und dabei freuten sie sich auf ein Wiedersehen mit den Schwestern, die sie selbst schon unterrichtet hatten. Das ist jetzt vorbei. Nächsten Sommer wird der Orden der Armen Schulschwestern Kempten endgültig verlassen. Ein schwerer Abschied. Besonders für die Schwestern, die seit Jahrzehnten in Lenzfried unterrichteten.
Sieben Klosterschwestern sind noch da. Alle nahe der 70 oder älter. Was nehmen sie mit, wenn sie aus Kempten weggehen? "Die Erinnerungen an die Mädchen, viele viele schöne Erinnerungen", sagen die Ordensfrauen übereinstimmend. Die haben sich angesammelt im Gedächtnis wie in Foto-Alben der Abschlussklassen oder in Film- und Videoaufzeichnungen von Schulaufführungen und Festen. "Wenn wir durch die Stadt gehen, kommen immer wieder Frauen auf uns zu und fragen: Erinnern Sie sie noch an mich?", erzählt Schwester Edelgith Holzapfel.
Als sie und "Küchenchefin" Agathe Krauß vor 47 Jahren nach Lenzfried kamen, gehörten zum Kloster ein Mädchen-Internat und ein Bauernhof, mit dem die Schwestern sich selbst versorgten. "Zu der Zeit haben wir alle zwei Wochen geschlachtet und pro Tag 240 Essen zubereitet", erzählt Schwester Agathe.
Damals waren rund 50 Ordensfrauen in Lenzfried und 120 ständige Internatsschülerinnen, die auch an den Wochenenden da blieben.
Mit Trompeten durchs Haus

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"Faschingsfeiern, Theateraufführungen, Singspiele und sogar Opern - was haben wir nicht alles getan, damit den Kindern nicht langweilig wurde", lächelt Schwester Gunthild Schumacher. Dabei hat sich so manches Talent herausgebildet, wie Renate Spingler, heute Sopranistin an der Staatsoper in Hamburg. "Manchmal zogen sogar Schwestern und Schülerinnen mit Trompeten durchs Haus. Und viele Mädchen haben bei uns das Tanzen gelernt."
Die Verwandlung der 12- bis 16-jährigen Schülerinnen von Mädchen zu jungen Frauen sei immer wieder ein Erlebnis gewesen. Wie bei Maria aus Frauenzell. "Anfangs sprach sie nur Allgäuer Dialekt und wehrte sich dagegen, Hochdeutsch zu reden", weiß Schwester Elfriede Bernhard. Später habe sie einen Arzt aus Griechenland geheiratet und beim letzten Klassentreffen nur hochdeutsch gesprochen.
Für so manchen Teenager wurden die Schwestern zum Elternersatz. Wieder anderen mussten sie Trost spenden, wenn die Wehmut allzu groß wurde: "Ein Mädchen aus Maria Rain hatte solches Heimweh, als der erste Schnee fiel. Und da ist sie tatsächlich davongelaufen", erinnern sich die Schwestern an ihre Sorge um das fehlende Kind. Bis endlich der Vater anrief, sie sei sicher zu Hause eingetroffen.
Und wie kommen die Ordensfrauen selbst mit dem Abschied zurecht? "Wir haben uns damit abgefunden, es muss halt sein. Aber es fällt uns sehr schwer", sagt Schwester Elfriede. Und Schwester Agathe seufzt: "Da werden wir im Sommer ein großes Taschentuch brauchen."