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Cosima und ihr junger Coiffeur

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Cosima und ihr junger Coiffeur

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    Von Otto Fritsch Leinau - 'Wir geben unser Bestes' steht auf der Stalltür der Familie Ostenried. Schon deshalb überprüft Jungbauer und Kuh-Stylist Markus Ostenried seine Ausrüstung noch einmal gründlich, bevor er loslegt: Das 502er Standard-Messer ist frisch geölt, der Esculap-Schneider hat Strom und die leichte Akku-Maschine für den Feinschnitt brummt auch. Nur Cosima zickt herum, das Publikum macht sie nervös. Erst als ihr junger Coiffeur mit der Arbeit beginnt, wird das zentnerschwere Model ruhiger. 'Wenn's goht, immer ui Hand am Körper lassen', rät der Landwirt aus Leinau, 'des beruhigt.' Bei Cosima, der 26 Monate jungen Kuh aus eigener Züchtung, funktioniert der Trick bestens: Ohne großen Widerstand lässt sich die Rinderlady in den nächsten eineinhalb Stunden verschönern. Das Kuh-Styling, das Feschmachen für die Auktion oder den Auftritt bei Wettbewerben, gehört für den 21 Jahre alten Bauern zu den schönen Alltagspflichten - wie sein Vater Johann ist er ein Braunviehzüchter aus Leidenschaft. Dutzende Preise haben die Ostenrieds mit ihren Brown-Swiss-Kreuzungen schon gewonnen. Beim 'Schaufrisieren' will Markus Ostenried deshalb seine Erfahrungen weitergeben und den Zuschauern - gut zwei Dutzend Landwirten aus der Gegend - zeigen, worauf es ankommt. Generell soll das Styling die positiven Eigenschaften des Tieres hervorheben. Durch das Scheren kommen Muskeln, Adern, Rippen und Gelenke viel deutlicher zur Geltung als unter dem normal gewachsenen Fell. Was Markus Ostenried an diesem Nachmittag nicht demonstriert, sind die Vorarbeiten: Denn wie beim richtigen Friseurbesuch kommt vor dem Haareschneiden das Waschen - mit Shampoo oder mit Schmierseife. Klingt einfach und ist es auch - mal abgesehen von der Größe der Kundin. Doch schon hier lauern Gefahren, die den Erfolg ernsthaft gefährden können: 'Unbedingt aufpassa, dass koi Wasser in'd Ohra kommt', warnt Markus.

    Sonst lässt die Kuh bei der Ausstellung die Ohren hängen - was auf die Preisrichter nicht den besten Eindruck macht. Cosimas Lauscher sind selbstredend steil aufgerichtet - und wackeln auch dann nur ein bisschen, als Markus Ostenried den ersten Schnitt am Hinterbein ansetzt und das Publikum langsam näherrückt. 'I fang immer an der dicken Ader beim Knie an', erklärt er, 'dann wird der Übergang vom Fuß zum Schenkel harmonischer'. In einem Zug rasiert er das Fell bis auf eine Haarlänge von ein paar Millimetern ab - Streifen für Streifen exakt nebeneinander. Cosimas Fell beginnt zu glänzen. 'Ein Profi bin ich nicht', hat der Jungbauer zu Beginn noch bescheiden gemeint, doch das nimmt ihm jetzt niemand mehr so richtig ab. Denn die Erfahrung ist spürbar - mit 15 Jahren hat er sich zum ersten Mal als Kuh-Stylist versucht. In gut einer halben Stunde arbeitet sich Markus Ostenried problemlos bis zur 'Wanne' vor. Die Brustwölbung der Kuh lässt sich noch gut bearbeiten, doch dann wird es knifflig: Am Kopf und um die Augen herum ist nicht nur Cosima besonders empfindlich und die dicken Nackenfalten erschweren eine glatte Schur. Doch auch hier bleibt der Kuh-Stylist souverän. Nach weiteren 30 Minuten ist Cosima kaum mehr wiederzuerkennen. Die Körperteile wirken optisch feingliedriger, die Jungkuh mit der Registriernummer 45-957 kann endlich zeigen, was in ihr steckt. Das anschließende Feintuning mit einer schmäleren Klinge an Kopf, Hals, Beinen, Euter und der Topline, der Rückenlinie, bringt die Statur vollends zur Geltung. Ein bisserl Zupfen, Kämmen und Streicheln, dann ist Cosima reif für den kommenden Wettbewerb - und Vater Johann nicht nur optisch mit der Schönheitskur zufrieden. 'Das Auge kauft schließlich mit', schmunzelt er.

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