Der 45-jährige Angeklagte aus dem südlichen Ostallgäu war zuvor noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Er hatte sichtlich Mühe, zu verstehen, warum er sich jetzt wegen des "Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen" auf der Anklagebank wiederfand. Dem Mann, der jedwede rechtsradikale Gesinnung weit von sich wies, wurde vorgeworfen, im Internet bei einer Einladung zu einer Biker-Party Nazi-Symbole verwendet zu haben. Der Vorwurf bezog sich auf das Logo seines Motorradclubs, in dem ein Doppel-S stark den SS-Runen ähnelte. Der Angeklagte hatte einen Strafbefehl über 4550 Euro erhalten, gegen den er jetzt vor dem Kaufbeurer Amtsgericht Einspruch erhob. Die Richterin hielt schließlich eine deutlich geringere Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 25 Euro angemessen, insgesamt also 875 Euro. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Der 45-Jährige erklärte, er sei seit über 20 Jahren Mitglied in einem kleinen, überregionalen Motorradclub, dessen amerikanische Mitbegründer die Schreibart des Logos gewählt hätten. Bislang habe er deshalb nie Probleme gehabt - auch nicht bei seiner Hochzeit, die er in seiner Bikerjacke gefeiert habe. Der Angeklagte räumte zwar ein, dass er von zwei Verfahrenseinstellungen aus anderen Bundesländern gewusst hatte. Darin sei aber weder von einem Verbot noch von der Notwendigkeit einer Änderung des Logos die Rede gewesen. Der Verteidiger verwies darauf, dass eine ähnliche Schreibart des Doppel-S in zahlreichen anderen Schriftzügen und Logos vorkomme - unter anderem in dem der amerikanischen Rockgruppe "KISS". Im Übrigen sei das Logo nach den jetzigen Vorwürfen sofort geändert worden, so dass keine Wiederholungsgefahr bestehe.
Der Anwalt führte zugunsten seines Mandanten auch ein völlig straffreies Vorleben sowie ein starkes ehrenamtliches Engagement in gemeinnützigen Organisationen ins Feld. Insgesamt bewege man sich "nahe an der Grenze zu einer Verfahrenseinstellung oder einem Absehen von einer Strafe."
Keine Frage der Gesinnung
Soweit wollten die Staatsanwältin und die Richterin dann zwar nicht gehen. Beide berücksichtigten aber die strafmildernden Aspekte. Insbesondere glaubten sie dem Angeklagten, dass er mit rechtsradikalem Gedankengut nichts zu tun hat. Das Problem beim "Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen" sei aber, dass die Vorschrift nicht zwangsläufig an eine rechtsradikale Gesinnung geknüpft sei. "Diesen Tatbestand kann der Mustermensch genauso verwirklichen, wie der Neonazi", meinte die Vorsitzende.
Entscheidend sei, dass - wie im vorliegenden Fall - ein Laie den Eindruck gewinnen könne, es handle sich um nationalsozialistische Symbole.