Das Amtsgericht hat ein Verfahren gegen einen Kemptener Hersteller in der Kunststoff verarbeitenden Industrie gegen eine Geldauflage eingestellt. Wie berichtet hatte die Gewerkschaft Verdi Strafanzeige gegen das Geschäftsführer-Ehepaar gestellt. Beide wollten die Gründung eines Betriebsrats verhindern, hieß es von Verdi. Nun muss das Ehepaar 7000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.
Im März vergangenen Jahres hatte Verdi die Strafanzeige gestellt. Der Geschäftsführer und seine Ehefrau, hieß es darin, hätten Mitarbeitern mit Repressalien gedroht, falls es zur Gründung eines Betriebsrats komme. Andererseits habe das Ehepaar Mitarbeitern, die eine Gründung verhindern würden, einen mehrjährigen Sonderkündigungsschutz zugesagt. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz, hatte die Gewerkschaft schließlich argumentiert, sei beides strafbar.
Die Staatsanwaltschaft ermittelte und erhob Anklage, wie deren Sprecher Peter Koch gegenüber der AZ bestätigt. Bevor das Gericht jedoch darüber entschied, ob die Anklage zugelassen werden soll, regte es an, das Verfahren nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung (siehe Infokasten) einzustellen. Die Staatsanwaltschaft war einverstanden und so wurde dem Ehepaar eine Zahlung von insgesamt 7000 Euro auferlegt.
"Wie ein Schuldeingeständnis"
"Wenn etwas bezahlt wird, ist das wie ein Schuldeingeständnis", urteilt Verdi-Gewerkschaftssekretär Werner Röll und zieht einen Vergleich: "Bei kleinen Ladendiebstählen werden die Verfahren auch eingestellt, aber gestohlen wurde dennoch." Der Gewerkschaft, meint Röll, wäre eine Verurteilung freilich lieber gewesen: "Aber das Zeichen, das wir setzen wollten, ist da."
Generell bedauert es Röll, dass solche Fälle immer häufiger vorkämen: Bis vor zwei Jahren habe Verdi nie Strafanzeigen gegen Betriebe stellen müssen, "da haben wir die Arbeitgeber immer noch so zur Räson gebracht." Doch die Gangart werde immer härter. Umso wichtiger sei es für die Gewerkschaft, nun - wenn auch in abgeschwächter Form - eine rechtliche Basis zu haben.
Denn, so Röll, es sei mehr als bedenklich, wenn "urdemokratische Rechte wie die Gründung eines Betriebsrats untergraben werden".
Übrigens: Der Geschäftsführer der Herstellerfirma hat sich laut Verdi-Mann Röll dem Druck der Gewerkschaft gebeugt. Mittlerweile gebe es in dem Unternehmen einen Betriebsrat.