Kaufbeuren | fro | In den 1970er Jahren war der Zustand der psychiatrischen Versorgung teilweise katastrophal. Um dies zu ändern, gründeten Interessierte und Fachleute Einrichtungen, die das ändern sollten. Dazu gehörte auch der Irseer Kreis, so Dr. Michael von Cranach, früher Leiter des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren. Er berichtete aus der Geschichte des Irseer Kreises, der gestern sein 25-jähriges Bestehen feierte. Und auch die von dem Verein ins Leben gerufene Selbsthilfefirma "Irseer Kreis Versand" hat Geburtstag: Das Handelsunternehmen existiert nun 20 Jahre.
Gegen Selbsthilfeeinrichtungen für psychisch Kranke habe es damals Vorurteile und Widerstände gegeben, doch der Verein blieb hartnäckig - und gründete 1988 gegen alle Bedenken den "Irseer Kreis Versand" mit einem Startkapital von rund 300000 Mark, erklärte Cranach beim Festakt im Pfarrsaal von St. Ulrich.
Über die Anfänge hatte auch Gerhard Seefeldt einiges zu berichten. Der ehemalige Psychiatrie-Patient arbeitet seit 15 Jahren in dem Versandhandel und erlebte die Zeit seit 1992, als die Firma noch im Sudhaus einer Brauerei arbeitete, mit.
Heute erwirtschaftet das Unternehmen fast zwei Millionen Euro, beschäftigt 33 Mitarbeiter und wurde mehrfach ausgezeichnet, erläuterte Geschäftsführer Bertram Sellner (siehe Infokasten). Seit dem Beginn habe der Versand bereits 19 Kataloge in Eigenregie herausgebracht. "Und wir investieren das eingenommene Geld Cent für Cent in neue Arbeitsplätze." Deshalb waren Stadträte, Vertreter sozialer Einrichtungen, Mitarbeiter oder Geschäftspartner zum Festakt, bei dem das "Tiny Schmauch Trio" für die musikalischen Zwischentöne sorgte, gekommen.
So nannte Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert den Versand "vorbildlich", während Bürgermeister Gerhard Bucher die Verbundenheit mit der Stadt und der stellvertretende Landrat, Alexander Müller, die Brückenfunktion der Integrationsfirma lobten. Hans Stenz, Leiter des bayerischen Integrationsamtes, ging auf die Kostensituation bei der Förderung von Arbeitsplätzen für Behinderte ein und strebt dort eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Kostenträgern an.

Würdigung für soziales Engagement
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Wie wichtig Integrationsfirmen für die Arbeitnehmer sind, machte Professor Peter Brieger, Ärztlicher Direktor des BKH Kempten, deutlich: Arbeit schaffe sozialen Status, Identität, Struktur und Kontakte. "Sie führt aber auch zur Gesundung. Arbeitslosigkeit verschlechtert also die Krankheit.
" Deshalb schloss Brieger mit Verweis auf die Leistungen des Versandes: "Seien sie stolz auf ihre Arbeit." Wie diese in der Praxis ausschaut, davon konnten sich die Besucher einen Überblick in den Geschäftsräumen in der Narzissenstraße machen. Sellner sprach danach von einer gelungenen Veranstaltung: "Obwohl wir uns den freien Tag wegen der guten Auftragslage eigentlich kaum leisten können".