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Bodenständig und frech

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    Bodenständig und frech

    Von Freddy Schissler|AitrangHier oben also soll es sein, das 'kleine Paradies', wie es Harald Probst nennt. Im Ort Aitrang musste man links abbiegen, dann zog sich die Straße den Hügel hinauf nach Görwangs. Kurz vor der Kirche St. Alban kam eine Kastanienallee, die einen natürlichen Tunnel bildet. Nun liegen beide Gebäude vor einem: die prunkvolle kleine Kirche und daneben das Haus aus dem Jahre anno dazumal.

    Probst hat nicht übertrieben. Der Blick von diesem Flecken des Ostallgäus auf die Berge ist herrlich, die Ruhe wohltuend, die Luft rein. 'In dieser Umgebung', sagt Probst, 'fühle ich mich wohl.' Hier greift der studierte Musiker fast täglich zur Gitarre. Hier komponiert er Lieder für die Gruppe Ludarleabe, die er vor zehn Jahren gegründet hat, die sich längst einen Namen gemacht hat in der Region und die in diesen Wochen immer wieder mit der neuen CD im Gepäck auftritt.

    Probst ist der Vater dieser Gruppe. Allein schon was das Alter betrifft. Denn die Musikerinnen, die mit ihm auf der Bühne stehen, könnten seine Töchter sein. Weshalb der 54-Jährige mit ein klein bisschen Stolz in der Stimme bemerkt: 'Schön, dass die Jungen es mit mir Altem noch aushalten.' Ein Satz, den man so nicht stehen lassen kann. Probst macht alles andere als den Eindruck eines alten Mannes. Besucher empfängt er im Mickey-Mouse-T-Shirt, die Haare trägt er im Nacken so lang, dass er damit problemlos einen Zopf binden kann.

    'Ein Künstler eben', werden die anderen im Ort vermutlich frotzeln, und wenn der Ludarleabe-Chef und Lehrer an der Musikschule Kaufbeuren davon erzählt, dass man ihn einst einen Langhaardackel oder Hippi schimpfte und ob seines Andersseins mitunter die Nase rümpfte, ist man in seiner ersten Einschätzung bestätigt. Ob er bewusst anders sein will? Ein Quertreiber womöglich?

    Sicherlich, sagt Probst, er habe seine eigenen Vorstellungen von einem erfüllten Leben, die sich möglicherweise nicht mit denen aller anderen decken. Ein unangenehmer Querkopf ist Harald Probst, der auch den Mesnerdienst in der Wallfahrtskirche St. Alban nebenan versieht, allerdings nicht. Seine Musik, die er seit zehn Jahren mit Ludarleabe bietet, ist zwar ein wenig gegen den Strich gebürstet, aber eben auch stark verwurzelt in der Allgäuer Heimat. Seine Lieder strahlen Ruhe und Harmonie aus, und nie stellte sich ihm die Frage, in welcher Sprache er sie vorträgt. 'Der Allgäuer Dialekt ist mir vertraut', erklärt Probst. 'Der ist für mich wie das naturbelassene und handgehobelte Holz am Griff einer alten Sense.'

    Also dichtet der Poet so wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Und, so spornt er sich jedes Mal, wenn er vor einem weißen Blatt Papier sitzt, selbst an: Es darf auch ein wenig frech sein. Allgäuer Prominenz wird er beim nächsten Auftritt auf die Schippe nehmen. Nein, nicht so, dass ihn danach keiner mehr anschaut. Aber eine paar Leute werden sich laut Probst durchaus wiedererkennen.

    In seinem Haus trifft man auf Schritt und Tritt auf Musikinstrumente. Im Hausgang lehnen Gitarren und ein Kontrabass. Nebenan im Arbeitszimmer steht ein Keyboard, auf der Coach liegen eine weitere Gitarre und eine Mandoline, an der Tür hängt an einer Schnur eine Geige. Und überall Notenblätter. Die Werkstatt eines Musikers. Oder soll man besser sagen: eines Musikbesessen?

    'Die Musik', sagt Harald Probst, 'macht mich glücklich.' Vor allem in den Momenten, wenn er bei schönem Wetter mit seiner Gitarre draußen auf dem Bänkchen sitzt und sieht, wie sich plötzlich ein wilder Hase nähert und auch bei lauteren Stellen des Liedes keine Anstalten macht, die Flucht zu ergreifen. Dann weiß der Musiker, Komponist, Chorleiter, Bandleader und Mesner, dass er sein kleines Paradies auf dieser Erde gefunden hat.

    Ludarleabe tritt am 30. Juni (20 Uhr) in Lindenberg im Löwensaal auf (Karten: 08381/80328) und am 14. Juli (20 Uhr) im Kurhaus Oberstaufen (08386/930014).

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