Durchaus umstritten ist bei Landwirten die unter Androhung eines Zwangsgeldes auferlegte Pflicht, Rinder, Schafe und Ziegen gegen die Blauzungenkrankheit (BT) zu impfen. Mehrere Bauern waren vor einiger Zeit zu einem Gespräch mit Landrat Hans-Joachim Weirather bei der Kreisbehörde, um ihre Bedenken zum Ausdruck zu bringen. Zwar weigern sich einzelne Betriebe hartnäckig, ihre Tiere impfen zu lassen. Eine Massenprotest-Bewegung ist hieraus aber noch nicht entstanden.
Beim Veterinäramt in Mindelheim sind bislang von insgesamt 2500 landwirtschaftlichen Betrieben im Unterallgäu 33 registriert, die nachweislich bis zur gesetzten Frist nicht geimpft haben. Diese Zahl wird sich nach Auskunft von Veterinäramtsleiter Dr. Armin Mareis noch erhöhen, weil noch nicht alle Rückmeldungen der Tierärzte vorlägen (siehe auch "Nachgefragt").
Das Landratsamt hat die Rinderhalter in der Vergangenheit mehrfach dazu aufgefordert, der Impfpflicht nachzukommen und alle über drei Monate alten Rinder gegen die Tierseuche immunisieren zu lassen. An dieser Haltung hat sich nichts geändert.
Nach dem Gespräch hatte Landrat Weirather den Landwirten jedoch versprochen, sich dafür einzusetzen, dass die Bayerische Tierseuchenkasse eine Beihilfe für Verkalbungen und Totgeburten nach einer Fristenregelung gewährt - ähnlich wie dies in Baden-Württemberg der Fall ist. Nach Meinung von Experten ist die Wahrscheinlichkeit von Tot- oder Fehlgeburten als Folge der Impfung allgemein als sehr gering anzusehen. Diese Einschätzung wird bestätigt durch ein umfangreiches Papier, das die Tierseuchenkasse als Stellungnahme auf ein gemeinsames Schreiben der Landräte des Unter-, Ober- und des Ostallgäus, Weirather, Gebhard Kaiser und Johann Fleschhut, verfasst hat. Quintessenz der Stellungnahme ist, "dass die BT-Impfung sehr gut vertragen wird und nur in ganz wenigen Einzelfällen aufgrund individueller Gegebenheiten .
.. zu Schäden führen kann". Die regelmäßigen Verluste von erwachsenen Rindern stellten "die wenigen Verluste durch die BT-Impfung weit in den Schatten".
Man habe bei der Anordnung der Blauzungenimpfung die Auswirkungen auf die Tiergesundheit "vielleicht zu wenig bedacht", meint Gerhard Miller. Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) weiß von "Verkalbungen" als Folge der Impfung. Miller tritt dafür ein, "das Ganze genau zu beobachten und solche Dinge auch großzügig zu entschädigen". Im Prinzip freilich, so räumt Miller ein, könne man die Blauzungenkrankheit wahrscheinlich nur durch Impfmaßnahmen wirksam bekämpfen.
Die Berufskollegen am Niederrhein oder in Schleswig-Holstein - weil viel stärker von der Krankheit betroffen - sähen die Impfpflicht deshalb auch anders als mancher in Bayern.
Als entschiedener Gegner einer Impfanordnung tritt Jörg Lochbrunner auf. Der Landwirt aus Linden bei Markt Rettenbach (der in der "Interessengemeinschaft für gesunde Tiere" organisiert ist) verweist auf das Bundesernährungsministerium: Von hier aus seien "ein bis zwei Prozent Irritationen nach der Impfung" als "normal" eingestuft worden.
"0,007 Prozent in Bayern"
Fürs gesamte Bundesgebiet rechnet Lochbrunner damit 157000 Impfschadensfälle hoch, bayernweit circa 40000. Demgegenüber nähmen sich die in Bayern im Jahr 2007 gemeldeten 280 Blauzungenfälle mit 0,007 Prozent verschwindend gering aus. Veterinär Mareis entgegnet, eine "Irritation" sei noch nicht zwingend eine Komplikation.