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Bis 67 im Berufsleben? Da sind viele skeptisch

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Bis 67 im Berufsleben? Da sind viele skeptisch

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    Kempten/Oberallgäu (se). - 'Ihr werdet Euch noch wundern, wenn ich erst Rentner bin.' So haben wir Udo Jürgens im Ohr. Wenn es jetzt aber nach den Plänen der designierten Bundesregierung geht, ist mit 66 Jahren noch lange nicht Schluss mit der Arbeit. In Ruhestand gehen sollen die Deutschen bald erst mit 67. 'Verkappte Rentenkürzung', nennen dies Gewerkschafter, 'Schritt in die richtige Richtung', urteilen Unternehmer. Entschiedene Ablehnung schlägt den Rentenplänen aus dem Gewerkschaftsbund entgegen. 'Das ist ein Programm zur Erhöhung der Arbeitslosigkeit', schimpft Werner Gloning, Vorsitzender der DGB-Region Allgäu-Donau-Iller. Wenn Ältere länger in den Betrieben bleiben müssten, fehlten den Jungen diese Stellen. Intensiv diskutiert werde das Thema in der Kreishandwerkerschaft Kempten-Oberallgäu, weiß Geschäftsführer Gottfried Voigt: 'Bei der gesetzlichen Rente weiß ja eh keiner was kommt.' Deswegen interessierten sich viele für Riester-Rente und betriebliche Altersversorgung. Bedenken hat Voigt, dass dem Handwerk irgendwann der Nachwuchs weg bleibt. 'Es ist doch jetzt schon körperlich enorm belastend, was etwa Steinmetze, Zimmerer oder Bäcker leisten.' Wenn diese Belastung bis ins hohe Alter verlängert werde, überlegten sich viele, ob sie diese Mühen wirklich auf sich nehmen sollten.Ähnlich sieht dies Elfriede Lang, Pflegedirektorin im Klinikum Kempten-Oberallgäu: 'Viele unserer Mitarbeiterinnen haben sehr gerne die Altersteilzeit in Anspruch genommen', weiß sie. Körperliche und psychische Belastungen im Schichtdienst - da sei bei den meisten mit 60, 62 die Grenze erreicht. Dies bestätigten die Untersuchungen durch den Betriebsarzt. Lang plädiert für ein Modell, bei dem sich die Beschäftigten nach eigenem Befinden entscheiden können, ob sie noch das eine oder andere Jahr im Beruf dran hängen. Nicht unterschätzt werden dürfe dabei, dass im Alter auch die Fähigkeit nachlasse, sich auf Neuerungen einzustellen. 'Im EDV-Zeitalter ist dies auch mental eine große Belastung', sagt Lang.

    'Mangel an Arbeitskräften droht'Aus verschiedenen Gründen ist Peter Lintner, Leiter des Geschäftsfelds Standortpolitik der Industrie- und Handelskammer Schwaben, für die Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Er ist überzeugt, dass dadurch kurzfristig die Sozialsysteme entlastet werden und langfristig die Verfügbarkeit von Arbeitskräften gesichert wird. 'Die Unternehmen werden erfahrene, gut ausgebildete Kräfte brauchen', verweist er auf die künftig sinkende Zahl an Auszubildenden. Auch als Mittel, die Lohnnebenkosten in den Griff zu bekommen, sei ein späterer Renteneintritt sinnvoll. Ein Blick über die Grenzen, beispielsweise gen Skandinavien, zeige, dass dort ähnliche Prozesse erfolgreich im Gang seien. Dass viele seiner Altersgenossen jetzt stöhnen, ist dem Kemptener Adrian Ionescu klar. Der 29-Jährige selbst will aber nichts vom Rentenverdruss wissen. Aus seiner Sicht gilt es schließlich, den vorhandenen Wohlstand zu stabilisieren. 'Ich arbeite einfach gern', sagt der gelernte Schreiner, der zuletzt in Rosenheim studiert hat. 'Und so lange man gesund ist, kommt’s doch auf die zwei Jahre mehr nicht an.'

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