Kaufbeuren (avu). - Die 'Wurzel' in der Altstadt galt schon als Institution, lange bevor die Ökowelle auch nach Kaufbeuren schwappte. In dem Biomarkt diskutierten einst 'Erfahrungsaustauschgruppen' aus ganz Deutschland über das Für und Wider von Sojakeimlingen und Ziegenmilch. Nun hat Inhaber Andreas Wölfel Insolvenz angemeldet. 'Wir haben alles versucht', sagt der 42-Jährige. 'Eine Vorreiterrolle' spricht Wölfel der 'Wurzel' zu. Doch konnte sie nicht über wirtschaftliche Schwierigkeiten hinweghelfen. Die Probleme reichten viel weiter als bis zur aktuellen konjunkturellen Talfahrt zurück, so der Inhaber. Während der Altstadt-Sanierung Nord habe er bereits einen Umsatzrückgang von 40 Prozent registriert. Danach gingen die Erträge wieder hoch. Es habe aber nicht gereicht, um Rücklagen zu bilden, so Wölfel. Fehlende Parkplätze in der Nähe, die auch mal einen längeren Halt ermöglichen, vergraulten ihm zudem die kauffreudige, motorisierte Kundschaft vom Land, behauptet er. Den Rest hätten ihm die Euro-Debatte und die Konjunkturflaute gegeben. 'Nun sparen die Leute. Da kommt viel zusammen.' Der Ladeninhaber bestätigt, dass es verschiedene Versuche gab, Geldgeber zu finden. Eine Genossenschaft und eine Solidargemeinschaft waren im Gespräch, ebenso ein Verein. Er schließt nicht aus, dass sich doch noch ein Investor findet. 'Aber die Chancen sind gering.' Der Mietvertrag ist gekündigt. Am heutigen Samstag hat die 'Wurzel' noch einmal 'Ausverkauf', nachdem der Laden die vergangenen Tage bereits geschlossen war. Die Kundenzurückhaltung spürt auch der Kaufbeurer Bauernladen 'Grüne Insel'. Inhaber Frank Bankonin spricht von 'harten Zeiten'. Der Umsatz stagniere seit Monaten, Zuwächse seien nicht in Sicht. 'Die kompromisslosen Kunden sind in diesen Zeiten seltener geworden', sagt Bankonin. 'Die Ökoeier gibt's zum Frühstück, zum Backen werden die aus der Käfighaltung genommen.'
'Dauertiefpreismaschine' Ein sicheres Rezept, wie Bioläden und Direktvermarkter auf die Krise reagieren sollen, hat auch er nicht. Wichtig sei aber ein kleines Sortiment mit den wichtigsten Produkten. Das Angebot müsse ebenso den vielen Kunden entgegenkommen, die heute sehr differenziert und preisbewusst aussuchen. Auch bei der 'Wurzel' gab es laut Wölfel eine 'Dauertiefpreisschiene'. Doch selbst für die Ökobranche sind die Discounter und die 'Bio'-Ecken in den Supermärkten Konkurrenz. Das sieht auch Martin Merk vom gleichnamigen Reformhaus so. 'Doch wir gehen selbstbewusst in die neue Zeit und bauen unser Angebot aus.' Jeweils 15 bis 20 Produkte seien monatlich beispielsweise reduziert. Erweitert werde das Angebot durch Naturkosmetik und Arzneimittel. 'Das unterscheidet uns vom konventionellen Einzelhandel.' Wölfel sieht jedoch weiterhin Chancen auch für reine Bioläden, wie es ihn bisher in Kaufbeuren und Umgebung nur mit der 'Wurzel' gab. Er selbst wolle der Branche deshalb treu bleiben. Jedoch nicht im Einzelhandel, wenn sich nicht doch noch ein Investor findet In diesem Fall gebe es übrigens bereits einen Interessenten für einen neuen, kleineren Bioladen in Kaufbeuren.