Von Ulrich weigel |OberallgäuAls SPDler, der in der Tradition der Arbeiterbewegung denkt und Politik im Interesse der kleinen Leute machen will, sieht sich Bernd Haberkorn, Landtags-Direktkandidat im Stimmkreis 710. Der Lehrer und Akademiker stellt klar: "Ich stamme aus kleinen Verhältnissen; bei uns waren Geld und Bildung immer knapp."
Bildung war für den Buchenberger der Schlüssel zu einem besseren Leben. Jetzt ist sie Wahlkampfthema. Eines, bei dem die CSU (wie bei Sozialpolitik, Landesbank oder Transrapid) Schwäche zeige. Seit den 80er Jahren habe die CSU die Chance verpasst, in kleine Klassen und individuelle Förderungen zu investieren. Für Haberkorn ist es ein "durchsichtiges Wahlkampfmanöver", wenn die CSU erst Lehrerstellen streiche und sie nun wieder aufbauen wolle. Dennoch könne sich die SPD da schwer profilieren: Die CSU habe von ihr viele Verbesserungsvorschläge übernommen.
Haberkorn fordert weniger Starrheit und Ideologie: Ein Unding, dass Weitnau zweimal der M-Zug abgelehnt worden sei und Schüler nach Isny abwandern. Nötig seien kleinräumige Lösungen, der Erhalt von Zwergschulen und die Öffnung der Hauptschulen für den Realschulabschluss. Letzteres mit M-Zügen und mehr Qualität. Es spreche nichts dagegen, das dreigliedrige Schulsystem in Versuchen aufzulösen.
Ansätze für ein lebenswertes Bayern sieht der SPDler auch bei einem besseren öffentlichen Nahverkehr, mehr Bahn und im Sozialbereich mit mehr Unterstützung für Benachteiligte. "Man sieht vor lauter Reichtum die Armen nicht, aber es gibt sie.
" Andere Themen? Da ist etwa die Gentechnik, bei der Haberkorn eine Kennzeichnungspflicht fordert, damit jeder beim Einkauf entscheiden kann. "Ich würde solche Produkte nicht essen." Und Windräder sind ihm lieber an der Nordsee als in der schönen Allgäuer Landschaft. Die Ausschlussgebiete im Regionalplan Allgäu dürfe man nicht antasten. Bayern ist gleich CSU? Solchem Denken gibt Haberkorn eine Absage: "Ich bin ein linker Bayer, ein Intellektueller und trotzdem ein Bayer." Einer, der bayerische Gemütlichkeit schätzt ("Bier gehört dazu"), aber mit verantwortungsvollem Umgang, wenn das Auto im Spiel ist.

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Der Kreisrat weiß freilich, dass die SPD gerade beim Verhältnis zu den Bauern ein Problem hat, das mit der Entstehung der SPD als Städte- und Arbeiterpartei zusammenhänge. In der ländlichen Bevölkerung gebe es eine tief verwurzelte Skepsis gegenüber allem, was rot ist. "Dabei könnten die Bauern mit ihren Interessen auch SPD wählen."
Als Realist sieht Haberkorn vor Ort das zu geringe Potenzial seiner Partei an aktiven Mitstreitern. Diese Schwäche will er nach der Wahl parteiintern anpacken. Er vermisst aber allgemein, gerade bei den Jüngeren, politisches Interesse. "Vielleicht fehlt vielen die Vision, dass man gesellschaftliche Verhältnisse verbessern kann und muss."
Angesichts des Überdrusses gegenüber einer absoluten CSU-Mehrheit nennt er bei der Landtagswahl bayernweit 24, 25 Prozent für die SPD realistisch. Aus dem Allgäu habe vor allem Dr. Paul Wengert (Füssen) Chancen auf ein Mandat. Wolle das Allgäu weiter mit zwei Abgeordneten vertreten sein, müssten es aber noch mehr Stimmen sein. Im Stimmkreis sieht Haberkorn die SPD im Tief angekommen und rechnet mit einem Aufwärtstrend.