"Manche winken sogar", lächelt Natalie Fichtel. Gemeinsam mit Franziska Knestel und drei "Kollegen" aus der Landwirtschaftsklasse der Berufsschule sitzt die Realschülerin auf dem Marktoberdorfer Bahnhofskreisel. "Wenn der Zug durch ist und die Schranken wieder hochgehen, müssen wir gut aufpassen." Schließlich sollen die Zahlen stimmen. Sie fließen in das Verkehrsgutachten ein, das die Stadt in Auftrag gegeben hat. Gestern nun wird an vielen Ecken gezählt. An zehn Stellen befragen Schüler die Autofahrer zudem.
120 Schüler sind im Einsatz, um den Verkehrsströmen auf die Spur zu kommen. Gerade am frühen Morgen bereut es mancher, auch wenn er es nicht zugeben mag. Erst geht es eine Stunde früher als gewohnt aus den Federn, dann ist es noch lausig kalt und nass. Das wirkt sich auch auf die Gemütslage einiger weniger Autofahrer aus. Der Berufsverkehr, dann wieder mal auf den letzten Drücker gestartet und nun noch die Befragung - obwohl die bestenfalls eine Minute dauert. "Da muss man eben freundlich bleiben, dann wirds schon", ist das Rezept von Sarah Eltrich und Melanie Wiesner. 40 Euro, die sie als Entschädigung erhalten, und ein unterrichtsfreier Tag hellen auch ihre Stimmung auf.
Sogar auf Polnisch
Manchmal sind gute Sprachkenntnisse vonnöten, denn es werden so viele Fahrzeuge wie möglich angehalten. Häufig reicht Englisch. Ein polnischer Lastwagenfahrer wird sogar in seiner Muttersprache danach gefragt, woher er kommt, wohin er fährt und was der Grund für seine Fahrt ist. Ramona Schoder hilft in diesem Fall weiter. Sie spricht fließend polnisch.
Als die Sonne durch die Wolken blinzelt, wird den Zählern endlich etwas angenehmer. Dabei sind sie eigentlich gut ausgestattet: Dicke Jacke, feste Hosen, darunter die innen Angeraute und über allem eine Decke. Einige sind ganz trickreich: Sie schieben sich noch eine Wärmflasche zwischen die Pullis. Heißer Tee wärmt zusätzlich von innen. So lässt sich es sich aushalten. Natalie und Franziska werden an ihrer ersten Zählstelle von einer Anwohnerin gar mit Kinderpunsch versorgt.
"Das war toll." Davon kann die Gruppe auf dem zugigen Hochwieskreisel nur träumen. Ihnen pfeift der Wind gehörig um die Ohren.
Auch Landkreis beteiligt
Am frühen Abend endet die Verkehrszählung. Für das Büro Lang und Burkhardt in München geht die Arbeit erst richtig los. Alles müsse in den Computer eingegeben und ausgewertet werden, erklärt Verkehrsexperte Robert Ulzhöfer. Nicht nur die Stadt ist an der Aktion beteiligt, sondern auch der Landkreis. Deshalb befinden sich auf Ruderatshofener Flur ebenfalls mehrere Zähl- und drei Befragungsstellen. So soll herausgefunden werden, ob ein weiterer Anschluss an der B 12 nahe der Futtertrocknung Sinn macht.
Und noch ein Ziel hat die Erfassung: Nach der Haushaltsumfrage im Herbst, bei der das innerstädtische Fahrverhalten herausgefunden werden sollte, geht es nun auch um die Verkehrsgewohnheiten der Bewohner aus den Nachbargemeinden.
Die nächsten Zahlen
Das Ergebnis der Verkehrszählung soll dem Stadtrat vor der Sommerpause vorliegen. Zu diesem Zeitpunkt haben die beteiligten Schüler schon wieder ganz andere Zahlen vor Augen: Die in ihren Zeugnissen.