Nesselwang | Allgäuer Zeitung | VON INGO BUCHELT: Bei Wind und Wetter auf Tour

23. Dezember 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Zusteller - In den Nesselwanger Weilern Attlesee und Lachen verteilen Max Endras und Erika Lerchenmüller seit 40 Jahren unsere Zeitung

Seit 40 Jahren sorgen sie bei Wind und Wetter, Kälte, Regen und Schneetreiben dafür, dass die rechtzeitig auf dem Frühstückstisch der Leser liegt: die er Zusteller Max Endras (72) und Erika Lerchenmüller (55). In vier Jahrzehnten sind Tausende von Kilometern zusammen gekommen, Tonnen von Papier haben sie von Haustür zu Haustür getragen.

Gewöhnlich zwischen 6 und 6.30 Uhr macht sich Endras bei jedem Wetter mit dem Fahrrad auf die rund drei Kilometer lange Zustelltour in Attlesee. "Noch früher brauche ich nicht zu fahren. Die Bauern sind im Stall und die Rentner noch nicht auf. Wir richten uns aber nach den Wünschen der Leser", sagt er. Manchmal nimmt er seine Kamera mit und hält ein "tolles Morgenrot" über den Ammergauer Bergen fest.

1969 schloss sein Vater den "Zustellervertrag" mit dem Allgäuer Zeitungsverlag ab. "Ich hab' damals unterschrieben und bis heute stelle ich zu", so Endras. Schon als Schüler trug er die Zeitung in Attlesee aus. Als nach dem Krieg die ersten Blätter wieder erschienen, brachte man sie anfangs nur ein- oder zweimal pro Woche nach Nesselwang. "Auf dem Heimweg von der Schule habe ich sie mitgenommen und in Attlesee verteilt", erzählt Endras.

Früher mussten die Zusteller monatlich das Zeitungsgeld kassieren. "Da musste man manchmal zwei- oder dreimal zum Abonnenten laufen. Mal war er nicht da, mal hatte er kein Geld ", erinnert sich Endras. Heute ist manches leichter: Die Straßen sind geteert und im Winter meist geräumt, Bewegungsmelder schalten das Licht an. Aber die Papiermenge mit den Prospekten und Katalogen ist gewachsen. Auch die Briefzustellungen für Allgäu Mail sind dazu gekommen. Was ist, wenn er mal ausfällt? "Das geht nicht", sagt Ehefrau Monika. Notfalls muss sie einspringen. In Attlesee ist es schwer, einen Nachfolger zu finden. Als eine Leserin erfuhr, dass er aufhören wollte, habe sie gesagt: "Das kannst Du nicht machen, Max", berichtet Endras. Für sie sei die Zeitung das Wichtigste des Tages. "Solange ich kann, mache ich weiter. Aber man muss auch mal an sich denken", sagt Endras.

Auch Erika Lerchenmüller will weitermachen. Sie stellt die Zeitung in Lachen zu und benutzt ebenfalls das Fahrrad, sommers wie winters. "Im Winter muss ich es schon mal durch eine Schneeverwehung schieben", sagt sie. Früher habe die Mutter eine Milchsammelstelle gehabt. Dort holten die Bauern die Zeitung, wenn sie Milch anlieferten. Nach der Auflösung habe sie die Zustellung übernommen. Jetzt wird sie von den drei Kindern unterstützt, wenn sie mal wegfahren will. Probleme mit dem frühen Aufstehen hat sie nicht. Sie genießt den Morgen, wenn alles noch ruhig ist, und freut sich, wenn die Leser zufrieden sind: "Sie wollen die Zeitung zum Frühstück. Nicht am Nachmittag, mit der Post".

Auch für sie ist die Zeitung das Wichtigste beim Frühstück: "Ich lese sie von hinten, mein Mann von vorne und in der Mitte kommen wir zusammen."