Farbgestaltung Hausbesitzerin darf Wände nicht streichen, wie sie will - Stadt hält ihre Wunschfarbe für nicht harmonisch">

Artikel: Bei Gelb sieht der Bauausschuss Rot

10. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
hermann ernst

Farbgestaltung Hausbesitzerin darf Wände nicht streichen, wie sie will - Stadt hält ihre Wunschfarbe für nicht harmonisch

Kempten | bec | In welcher Farbe streiche ich mein Haus an? Wer sich als Hausbesitzer diese Frage stellt, sollte einen Blick auf die für ihn geltende Gestaltungssatzung oder den Bebauungsplan werfen. Denn was dem Häuslebauer selbst gefällt, muss noch lange nicht im Sinne der Stadt sein. Diese Erfahrung musste jetzt eine Kemptenerin machen, die sich für einen gelben Ton als Wandfarbe entschieden hatte: Bei dieser Farbe sah der Bauausschuss Rot und sagte nein - obwohl es da nicht um Geschmacksfragen gehe, wie Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer und Baureferentin Monika Beltinger immer wieder betonten.

Drei Gelb-Varianten (von Zart-Pastell bis Dunkelgelb) konnte sich jene Hausbesitzerin an ihrer Reihenhaus-Wand vorstellen. Ihren Wunsch trug sie, erläutert Baujuristin Dr. Franziska Renner, bei der Stadt vor. Dort habe man ihr erklärt, dass der Bebauungsplan bei Häusergruppen eine aufeinander abgestimmte Fassadengestaltung vorsehe - vor allem was Material und Farbe angehe. Da die Frau jedoch auf Gelb bestanden habe, landete die Sache im Bauausschuss. Und der lehnte mit Ausnahme von Elisabeth Brock und Herbert Karg ab. Mit dem sonnigen Gelb könne man doch leben, meinten sie.

Die Farbe an sich sei ja auch gar nicht der Knackpunkt, betonten der OB, die Baureferentin und ihre Stellvertreterin unisono. Allein die Harmonie zähle. Gelungene Beispiele gebe es da zuhauf in eben jenem Baugebiet: Häusergruppen in Pastell-Blau und in einem dezenten Grün. Die wurden übrigens von den Eigentümern gestrichen, ohne dass die Stadt vorher konsultiert wurde. Oder auf der Jakobwiese: Dort seien die Häuser allesamt - streng nach dem Konzept - kunterbunt gestrichen. Aber eben harmonisch sei das Bild hier wie dort, was man von dem kräftigen Gelb an nur einem Häusereck nicht behaupten könne. Das sehe man an einem Reiheneckhaus in Rothkreuz, das bereits - ebenfalls ungefragt - gelb gestrichen wurde. Dessen Besitzerin, sagte Renner, sei nun ebenfalls angehalten worden, sich über die Farbauswahl noch einmal Gedanken zu machen.

Ordnungswidrigkeit begangen

Und nun? Rechtlich gesehen, erläutert Renner, hat die Dame, die ihr Haus bereits gestrichen hat, eine Ordnungswidrigkeit begangen. Aber nur fahrlässig, weshalb ihr außer der Umstreicherei keine Konsequenzen drohten. Und die Hausbesitzerin, die das Gelb erst noch auftragen wollte, müsse sich - am besten in Abstimmung mit der Stadt - eine andere Farbe aussuchen.

Eine andere Farbe also. Aber kann das denn jemals harmonisch werden, wenn doch die drei anderen Nachbarn in dem Vierspänner nicht mitziehen? "Natürlich", sagt Renner und verweist auf die bestehenden blauen und grünen Varianten. Wobei man da aber keine Vorschriften machen wolle - solange eben die Harmonie nicht gestört werde.