Zahlungsunfähig: Alteingesessenes Autohaus macht heute endgültig dicht Kempten (pa).'Ford die tun was'. Nicht im Sinne dieses Werbespots ist allerdings, was sich bei Ford Haggenmüller in Kempten tut: Das alteingesessene Autohaus an der Lindauer Straße macht nämlich heute dicht. Ab sofort werden dort keine Autos mehr verkauft oder zur Reparatur angenommen, 38 Mitarbeiter müssen sich nach einem neuen Arbeitsplatz umsehen. Die Haggenmüller Gmb H, so deren geschäftsführender Gesellschafter Wolfgang Deward, sei 'praktisch über Nacht' zahlungsunfähig geworden.
Für die Talfahrt des 75 Jahre alten Unternehmens, das er 1981 von der Gründerfamilie Haggenmüller übernommen hatte, gibt es laut Deward 'verschiedene Gründe'. Jammern wolle er nicht und auch eigene unternehmerische Fehlentscheidungen nicht ausschließen. Als Hauptursache nennt er 'gewaltige Rückgänge beim Verkauf', was wiederum damit zusammenhänge, dass die Marke Ford 'die Modellpolitik verschlafen' habe.
In den vergangenen vier Jahren, so Deward, hätten sich deutschlandweit die Marktanteile von Ford auf jetzt gut sieben Prozent nahezu halbiert. Besonders drastisch habe sich das beim 'volumenstarken Fiesta' ausgewirkt, auf den sich das Kemptener Autohaus stark spezialisiert hatte. Wolfgang Deward: 'Der neue Fiesta kommt im nächsten Frühjahr raus für uns leider zu spät'.
Zumal auch die Pacht, die 'in guten Zeiten festgelegt wurde', jetzt nicht mehr zu erzielen sei. Und außerdem, das war das endgültige Aus, habe seine Bank 'über Nacht' einen zunächst akzeptierten Kredit um 200 000 Mark gekürzt.
Bestandsaufnahme
Am 4. Oktober hatte Deward ('meine Leute habe ich vorher darüber informiert') Insolvenzantrag gestellt. Das Amtsgericht hat bereits die Kaufbeurer Kanzlei Dörfler als vorläufigen Insolvenzverwalter eingesetzt. Die macht jetzt, so Dörfler-Mitarbeiter Markus Schär, zunächst eine Bestandsaufnahme, wobei Vermögenswerte und Verbindlichkeiten gegeneinander abgewogen werden. Ob die vorhandene Masse zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens überhaupt ausreicht, so Schär, wisse man erst in etwa zwei Wochen. Werde hingegen das, was von Ford Haggenmüller übrig geblieben ist, für zu leicht befunden, erfolge die Liquidation.
Repariert werden an der Lindauer Straße nur noch jene Fahrzeuge, die bereits in der Werkstatt stehen. Weitere Autos, so Deward, könne man nicht mehr annehmen: 'Weil wir bei den Händlern in der Kreide stehen, liefert uns keiner mehr Ersatzteile'. Die meisten Reparaturen könnten aber auch andere Werkstätten ausführen. Wer allerdings einen neuen Ford kaufen wolle, müsse sich nach Marktoberdorf begeben, weil es in Kempten und Umgebung keinen Händler mehr gebe.
Die noch verbliebenen (schon vor dem Gang zum Insolvenzgericht war Personal abgebaut worden) 38 Haggenmüller-Mitarbeiter, darunter auch zwei Söhne von Wolfgang Deward, haben ihr reguläres Gehalt bis einschließlich August erhalten, bis November bekommen sie jetzt Insolvenzgeld vom Arbeitsamt. Um die meisten Mitarbeiter, die zum Teil schon 20 oder 30 Jahre bei der Firma sind, mache er sich keine allzu großen Sorgen: Das seien, so Deward, gesuchte Fachleute, die sicher bald wieder einen Job finden würden. Das Wichtigste sei im Moment, für ein Dutzend Auszubildende möglichst schnell neue Lehrstellen zu finden.