Baurecht Der berühmte Streit ums blaue Dach auf der Ludwigshöhe wird zehn Jahre alt Ein Fehler der Stadt führte dazu, dass es heute Dächer in vielen verschiedenen Farben gibt">

Artikel: Bei Blau sieht niemand mehr Rot

26. Juli 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
jÖrg schollenbruch

Baurecht Der berühmte Streit ums blaue Dach auf der Ludwigshöhe wird zehn Jahre alt Ein Fehler der Stadt führte dazu, dass es heute Dächer in vielen verschiedenen Farben gibt

Kempten | sh | Wir schreiben das Jahr 2008. Die ganze Ludwigshöhe ist von Häusern mit roten Ziegeldächern besetzt. Die ganze Ludwigshöhe? Nein. Ein kleines Gebiet nämlich leistet dem Einheitsziegel Widerstand - von grau bis bläulich leuchtet es dort von den Dächern. Aber Moment mal: Gab es da nicht einmal strenge Regeln zur Dachgestaltung auf der Ludwigshöhe? Schließlich ging vor genau zehn Jahren der Streit um ein blaues Hausdach bis vor das bayerische Verwaltungsgericht. Tatsächlich, so räumt das Baureferat ein, waren die verschiedenen Dachfarben auf der Ludwigshöhe nie gewollt. Sie gehen vielmehr auf einen Fehler bei der Änderung des Bebauungsplans zurück.

Die Vorgeschichte: 1993 hatte die Stadt einen Bebauungsplan mit dem Namen "Ludwigshöhe-Nord" verabschiedet, darin war klipp und klar geregelt, dass Dächer in diesem Bereich nur ziegelfarben sein dürfen. Sechs Jahre später - zwischenzeitlich war längst der Streit ums blaue Dach entbrannt (siehe nebenstehenden Artikel) - gab es bei einem Teil des Gebiets eine Änderung des Bebauungsplans. Und dabei geschah es: "Aufgrund eines Versehens enthält die Änderung von 1999 keine Festsetzung der Dachfarbe mehr", so die stellvertretende Baureferentin Dr. Franziska Renner. Soll heißen: Mitten im Herzen der Ludwigshöhe gibt es ein Gebiet, in dem den Hausbesitzern in puncto Dachfarbe von Rot bis Grau alle Möglichkeiten offenstehen. Zur Panne war es gekommen, weil in der Änderung der entscheidende Satz nicht enthalten war, dass die Regeln des alten Plans weiterhin gelten.

"Das war einfach vergessen worden", so Renner. Und wie finden es die Hausbesitzer, dass einige etwas dürfen, was eine Straße weiter verboten ist? Das, gibt Renner zu, sei für manche "schwer verständlich" gewesen. Weshalb die Stadt nun lockerer umgehe mit den Wünschen der Bauherren und gegen abweichende Dachfarben nichts mehr unternehme. Die Vorschriften für alle lockern wolle man trotzdem nicht - um (so weit noch möglich) ein einheitliches Bild zu erhalten.