Marktoberdorf (af/rel). - Eine Stadt im Stau: In Marktoberdorf ging gestern zeitweilig nichts mehr. Stoßstange an Stoßstange standen die Fahrzeuge auf der Bundesstraße 472 zwischen Thalhofen und AOK-Kreuzung. Zwei Baustellen hatten für ein Verkehrschaos ungewohnten Ausmaßes geführt. Autofahrern trieb es die Zornesröte ins Gesicht und Geschäftsleute klagten über massive Umsatzeinbußen. Zu allem Überfluss behinderte auch noch ein Unfall an der Bahnunterführung in der Brückenstraße den Verkehrsfluss. Dass die Bahnhofstraße im Bereich des Bahnübergangs seit Wochen gesperrt ist und der Verkehr deswegen umgeleitet wird, daran haben sich die Marktoberdorfer schon langsam gewöhnt. Die Umleitung führt seitdem über die Brückenstraße zu den bekannten Lebensmittelversorgern, zu Bau- und Möbelmarkt, zu AGCO/Fendt und anderen Firmen. Gestern aber platzte nicht nur Autofahrern, sondern auch Unternehmern der Kragen, wie diverse Anrufe in unserer Redaktion belegen. Nach vorbereitenden Maßnahmen begannen in Höhe der Waldmünchener Straße Arbeiten an einer Querungshilfe. Halbseitig wurde der Verkehr an der Stelle vorbei geleitet. Dadurch bildeten sich in beide Richtungen lange Staus. Vor allem, wer von der Johann-Georg-Fendt-Straße nach links stadteinwärts abbiegen wollte, hatte fast keine Chance, dieses Ziel zu erreichen. So bogen viele nach rechts ab und nutzten in Thalhofen den Langweg als Schleichweg, um in die Stadt zu gelangen. Während sich der Verkehr in Richtung Thalhofen staute, kam es in Höhe der Bahnunterführung zu einem spektakulären Unfall. Ein 89-Jähriger näherte sich mit seinem Wagen dem Stauende. Er wollte bremsen, verwechselte allerdings das Pedal. Der Mann gab Vollgas und steuerte auf den Vordermann zu. Um nicht aufzufahren, lenkte sein Auto nach links auf die zu dem Zeitpunkt glücklicherweise leere Gegenfahrbahn. Das Fahrzeug schoss die Böschung hinauf, fuhr ein paar Meter weiter wieder herunter, prallte gegen einen Brückenpfeiler und kippte auf die Beifahrerseite. Dank Gurt und Airbag kamen der Fahrer und seine Frau nach Angaben der Polizei mit relativ leichten Verletzungen davon. Während der Bergungsarbeiten war die Brückenstraße für einige Zeit komplett gesperrt. Das hätten sich die Arbeiter an der Baustelle am liebsten auch gewünscht. Denn während des laufenden Verkehrs tätig zu sein, sei immer schwer, erklärte ein Mitarbeiter der Abteilung Straßenbau des Staatlichen Bauamtes Kempten. Nach Absprache mit der Stadt habe man sich auf diese Kompromisslösung geeinigt. 'Wir wollten vor dem Winter fertig werden, da bleiben oft nur solche Zeitfenster wie jetzt.' Im Interesse der Fußgänger sei Handlungsbedarf gegeben gewesen. Dabei, so gesteht er ein, seien sich alle Beteiligten der nun eingetretenen Problematik bewusst gewesen.
'50 Prozent Umsatzausfälle'Das jedoch tröstet Geschäftsleute wie Winfried Trunzer herzlich wenig. Er betreibt an der Johann-Georg-Fendt-Straße einen SB-Möbelmarkt. Bis zu einer Stunde hätten - eigenen Angaben zufolge - manche Kunden gebraucht, um durch die Stadt zu seinem Möbelmarkt zu gelangen, klagte Trunzer gestern Nachmittag. Völlig unverständlich ist für ihn, dass zwei Bauprojekte auf wichtigen Straßen - der Kreisverkehr auf der Ruderatshofener Straße und die Querungshilfe auf der Brückenstraße - parallel ausgeführt werden. Vor allem die Betriebe an der Johann-Georg-Fendt würden davon stark beeinträchtigt. Trunzer: 'Wir haben nun schon den zweiten Tag rund 50 Prozent Umsatzausfall.' Der Kundenstrom sei deutlich schwächer als sonst. Trunzer ist sich sicher: Viele Kunden gaben auf dem Weg zu seinem Haus entnervt auf.
Der nächste Stau am Montag Noch schlimmer wird es wahrscheinlich am kommenden Montag für diejenigen, die von Thalhofen in Richtung Kaufbeurer Straße oder umgekehrt fahren wollen. Wegen des Martinimarkts ist ein Teil der Meichelbeckstraße gesperrt. Der Verkehr wird dann über Salzstraße und Eberle-Kögl-Straße umgeleitet. Ein Stau kommt also auch in Marktoberdorf selten allein.