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Bauern üben harte Kritik an Milchbörse

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Bauern üben harte Kritik an Milchbörse

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    Noch viele Fragen zur neuen Milchquotenregelung. Von Martin Frei Ketterschwang/Ostallgäu (maf). Auch nach Verabschiedung des neuen Gesetzes bleibt das Thema Milchquoten kompliziert. Bei einer Informationsveranstaltung des 'Krisenstabes' erläuterte Marie-Luise Raffalt vom Kaufbeurer Amt für Landwirtschaft den Gesetzentwurf und die künftige Börsen-Regelung. Die Landwirte im vollbesetzten Saal des Gasthauses Brem in Ketterschwang äußerten sich recht skeptisch zum neuen Modell, zumal entscheidende Details noch nicht geklärt sind.

    Sie ist momentan das Thema nicht nur bei den Allgäuer Milchbauern: Die neue Regelung zur Übertragung von Milchquoten, die Ende des vergangenen Jahres den Bundesrat passiert hat. 'Wir können uns vor Anfragen gar nicht mehr retten', so Referentin Marie-Luise Raffalt.

    Wie berichtet, dürfen landwirtschaftliche Betriebe ab 1. April Milchlieferrechte nicht mehr wie bisher verpachten oder verleasen. Der Austausch erfolgt ­ bis auf ganz wenige Ausnahmen ­ nur noch über Börsen. In Bayern wird jede von ihnen voraussichtlich für einen Regierungsbezirk zuständig sein.

    An dieser Börse können Käufer und Verkäufer zu festen Terminen Lieferrechte suchen oder anbieten. Den Preis können sie dabei selbst festlegen. Aus den angebotenen und gesuchten Mengen sowie den Preisvorstellungen aller Anbieter und Nachfrager wird ein so genannter Gleichgewichtspreis gebildet, zu dem die Quoten dann ihre Besitzer wechseln. Durch die Börse und etliche weitere Bestimmungen und Sanktionen in Form von Abzügen soll verhindert werden, dass Milchquote zum Spekulationsobjekt wird.

    Bevor Raffalt auf die zahlreichen und detaillierten Fragen der Landwirte einging, machte sie darauf aufmerksam, dass für das neue Gesetz voraussichtlich erst Mitte Februar eine Vollzugsverordnung vorliege (siehe nebenstehenden Artikel).

    Besonders auf den Nägeln brannte den Zuhörern die Fragen was mit laufenden Quoten-Pachtverträgen geschieht. Raffalt erläuterte, dass bestehende Verträge auch nach dem 1. April weitergeführt und auch verlängert werden könnten. Ist dies nicht der Fall, könne der Pächter die Quote zu 67 Prozent des Gleichgewichtspreises kaufen. Will der Verpächter nicht an den Pächter verkaufen, kann er seine Quote auch über die Börse absetzen. Allerdings würden ihm dann 33 Prozent seiner Milchquote abgezogen und wanderten in die nationale Reserve, die unter der Verwaltung der Quoten-Börse steht.

    'Diebesgut'

    Bei Altpachten, also bei Flächen/Quoten, die vor dem 2. April 1984 zugepachtet wurden, verhält es sich anders. Will eine der beiden Vertragsparteien nach Auslauf des Pachtvertrages die Quote übernehmen, wandern in jedem Fall 33 Prozent davon in die nationale Reserve. Anders als bei der Neupacht werde es für Altpachten kein Vorkaufsrecht für den Pächter geben.

    Ein Bauer fragte nach, was denn mit dem 'Diebesgut' der nationalen Reserve geschehe. Laut Raffalt gebe der Gesetzentwurf zu dieser Frage keine befriedigende Auskunft. Allerdings sei im Gespräch, mit diesem Vorrat an Quote den Gleichgewichtspreis zu regulieren. Auch sei es denkbar, dass Jungbauern, die ihren Betrieb erweitern wollen, mit kostenloser Milchquote unterstützt werden. Ebenso ungeklärt sei, wieviel Mehrwertsteuer Käufer und Verkäufer an der Quoten-Börse bezahlen müssen, so Raffalt.

    Selbst bei der Frage, welche Organisation die Börse und den Handel abwickelt, gebe es zwar genaue gesetzliche Vorgaben, aber noch keine Entscheidungen. In jedem Fall sei diese Einrichtung dann gezwungen, kostendeckend zu arbeiten.

    Das Verfahren zur Ermittlung des Gleichgewichtspreises wurde ebenfalls scharf kritisiert. 'Das ist doch ein reines Lotto-Spiel', schimpfte einer. Zudem würden sich die Anbieter beim Start des Börsenhandels voraussichtlich zurückhalten, die Nachfrage sei aber ungebrochen groß. Deshalb ergebe sich ein hoher Gleichgewichtspreis, der zum Maßstab für den künftigen Handel an der Börse werden könnte.

    In diesem Zusammenhang verwies Hans Foldenauer, der Vorsitzende des 'Krisenstabes' auf das Beispiel Dänemark, wo das Börsenmodell schon praktiziert wird. Dort habe sich der Quotenpreis verdoppelt und sei erst nach einigen Monaten wieder etwas gesunken. Zudem forderte er, dass die gesamte nationale Reserve dazu verwendet werden müsse, mögliche Überschüsse der deutschen Milchbauern zu saldieren.

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