Gegen die Pflichtimpfung ihrer Tiere wegen der Blauzungenkrankheit regt sich unter Oberallgäuer Bauern Widerstand. Beklagt wird, dass es keine klaren Informationen über Impf-Nebenwirkungen gebe. Bund, Behörden, Vermarkter und Zuchtverbände fürchten allerdings negative wirtschaftliche Folgen für die Landwirtschaft, wenn nicht flächendeckend geimpft wird.
Nach dem Ausbruch der Krankheit 2007 in Nordrhein-Westfalen mit 10 000 Fällen bei Wiederkäuern (zum Vergleich: In Bayern waren es 2008 nur 23) hatte man in großer Eile einen Impfstoff entwickelt, der bisher nicht umfassend erprobt wurde. Die Eile tat aus Sicht der Behörden not: Nicht nur wegen der direkten Gefahr für die Bestände, sondern weil der Kälberexport nach Italien und in andere EU-Länder in Gefahr ist. Schon alleine wegen der rechtlichen Lage und einem zu erwarteten Bußgeld könne er "niemandem empfehlen, nicht zu impfen", sagt Alfred Enderle aus Wertach, Kreisobmann des Bauernverbands: "Wir sind auch nicht begeistert. Aber es besteht absoluter Bedarf, die Bestände zu schützen."
Lieber gar nicht impfen, meinen andere, denn Berichte über Fehlgeburten, Durchfall, Blutungen, erhöhtem Zellgehalt und Klauenablösung nach einer solche Impfung kursieren. Bei den Behörden liegen aber kaum konkrete Meldungen vor. Impfgegner wie Herbert Siegel aus Unterwilhams oder Irmgard Kiechle aus Altusried sehen den Grund dafür vor allem darin, dass nichts systematisch erfasst wird. "Da gehört ein Formblatt her, das jeder ans Amt zurückschicken muss", sagt Siegel. Das, so Kiechle, habe man inzwischen beantragt.
Nachfrist eingeräumt
160 Menschen - Bio- und konventionell wirtschaftende Bauern - trafen sich jüngst bei einer Informationsveranstaltung in Missen. Referent Johannes Wachinger, Landwirt in Pliening und Sprecher der "Interessengemeinschaft für gesunde Tiere (IggT)" sprach dort sogar von Todesfällen unter geimpften Tieren. Gottfried Mayrock und Dr. Thomas Brunner vom Landratsamt hielten bei der Versammlung dagegen: Durch flächendeckende Impfung bestehe eine hohe Chance, die Seuche auszumerzen: Die Verordnung gelte. Landrat Gebhard Kaiser geht "behutsam" an das Thema: Denen, die nicht wollen, habe man eine Nachfrist eingeräumt und "ein weiteres Mal gebeten", bis Ende Januar zu impfen.

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Gerd Müller, Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, haben die Impfgegner bei einem Gespräch in Dietmannsried aufgefordert, die Impfung auf freiwillige Basis zu stellen. Das hält Müller aber nicht für machbar. Die Impfaktion, deutschlandweit zu 95 Prozent erledigt, zeige klare Erfolge. Das Ministerium lasse den Impfstoff parallel in einem Feldversuch auf Nebenwirkungen untersuchen.
Impfschäden gehören erfasst, sind sich die Beteiligten einig. Irmgard Kiechle fragt sich aber, warum ma ausgerechnet im Winter gegen eine Krankheit impft, die durch eine Mücke übertragen wird: "Die fliegt ja jetzt gar nicht". Wenn man im Frühjahr eh wieder spritze, sei das doch "grad für die Katz". Davon profitiere höchstens die Pharmaindustrie.