Informationsabend Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter stimmt sich vor 500 Landwirten in Lechbruck auf "Milchgipfel" ein">

Artikel: Bauern auf Konfrontationskurs

26. Juli 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Informationsabend Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter stimmt sich vor 500 Landwirten in Lechbruck auf "Milchgipfel" ein

VOn Martin Peter |Lechbruck/OstallgäuEin Banner gleich am Eingang des Festzelts macht den Besuchern von Beginn an klar, worum es an diesem Abend in Lechbruck gehen wird: den Milchpreis. Für den fordern die Bauern die schon obligatorischen 40 Cent, wie nicht nur das Plakat an diesem Abend zu verstehen gibt. Sondern auch der Gastgeber, der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM). Vor allem Gastredner Johannes Pfaller, Bundesberat des Verbands, versteht es an diesem Abend, den rund 500 Zuhörern verbal einzuheizen - und erhält immer wieder donnernden Applaus.

In seiner einstündigen Brandrede vor den Bauern der Region macht er immer wieder deutlich, wie wichtig der Milchlieferboykott Ende Mai für das Selbstbewusstsein der Bauern gewesen sei. "Wir sind nach langer Zeit aufgestanden und befinden uns jetzt auf Augenhöhe mit den Molkereien und dem Handel", ruft Pfaller den Bauern zu. "Wir haben gezeigt, wer das Volk ernährt." Erreicht hätte man damit, dass Molkereien nun auch zu Verhandlungen bereit seien.

Die geforderten 40 Cent für einen Liter Milch werden den Bauern derzeit dagegen nicht gezahlt. Jüngsten Angaben zufolge liege der Preis aktuell bei rund 32 Cent.

Ein neuer Lieferboykott sei nicht ausgeschlossen, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der deutschen Milchviehhalter, Romuald Schaber, der Thüringer Allgemeinen. Und auch Pfaller macht in Lechbruck deutlich, dass man mit den 40 Cent ein klares Ziel vor Augen habe. "Wer ein hochwertiges Produkt anbietet, der soll auch dafür bezahlt werden."

Er warnt dagegen vor Versuchen seitens der Molkereien und des Handels, Einfluss auf den Milchpreis zu nehmen. "Es wird durch Falschmeldungen bewusst versucht, den Milchpreis kaputt zu machen." In diesem Zusammenhang verteilt Pfaller gegen den Deutschen Bauernverband ein ums andere Mal Seitenhiebe und fordert den Verband auf, nun endlich an der Seite des BDM für einen höheren Milchpreis zu kämpfen.

Ein Blick in die benachbarten Niederlande zeigt die europäische Dimension eines Boykotts und war dazu auserkoren, den BDM-Verantwortlichen den Rücken zu stärken. Peter ten Hoeve referiert über die Situation im Nachbarland, dessen Struktur des Milchmarktes ähnlich dem in Deutschland ist. "Knapp 85 Prozent der Bauern liefern ihre Milch an vier Genossenschaften - und die bestimmen den Preis", so Hoeve. Und dieser liege bei rund 30 Cent. Während die Genossenschaften für weiterverarbeitende Maßnahmen etwa 70 Prozent des Umsatzes für sich in Anspruch nähmen, bliebe den Bauern nur rund 30 Prozent.

"Kleinere Molkereien sind dagegen in der Lage, 65 Prozent des Umsatzes an die Landwirte weiterzugeben", so der Niederländer. Ein Boykott habe nun in einem ersten Schritt dazu geführt, dass Handel und Molkereien zu Gesprächen bereit waren. "Es gibt nun ein Umdenken", sagt Hoeve, der einen Boykott als Investition in die Zukunft sieht. "Jetzt wird darüber diskutiert, wie wir den Milchpreis auf einem hohen Niveau halten können."

Wie sich die Lage in Deutschland entwickelt, darüber entscheidet der Milchgipfel am 29. Juli in Berlin mit Bundesminister Horst Seehofer und den Bauernverbänden. Das Plakat mit den BDM-Forderungen wird auch dann nicht weit sein.