"Das ist der Balsam für die Wunden, die geschlagen wurden!" Nicht ohne eine Spur Genugtuung nimmt Hubert Jocham in Lautrach von Architekt Alexander Nägele eine kleine Metalltafel entgegen, auf der "Thomas-Wechs-Preis 2010" steht. Die kann er jetzt wahlweise an die Betonwand seiner langen Garage dübeln, an die Bretter seiner frei stehenden Bürobox oder an die welligen Faserzementplatten, mit denen sein Einfamilienhaus vom Dachspitz bis zum Sockel einheitlich verkleidet ist.
"B-Hub" heißt dieses Ensemble, das jetzt mit dem Architekturpreis für Schwaben ausgezeichnet wurde, den der Augsburger Kreisverband des Bund Deutscher Architekten (BDA) alle zwei Jahre an "vorbildliche Bauten" vergibt (siehe auch Infokästen). Es steht im "Loch", wie die Lautracher die Senke zwischen Ach und Wald am Fuße des Schlossberges etwas abwertend nennen. Und auch für dieses deutlich aus dem Rahmen fallende Haus fanden die Nachbarn nicht immer die feinsten Worte.
Aber die Meinung der anderen war Jocham egal, der mit Lebensgefährtin und Sohn aus Steinheim nach Lautrach gezogen ist. Der Grafik-Designer, der unter anderem die Schriften für Marken wie Hertie, Mezzo-Mix oder Lätta entworfen hat, wollte dort Neues wagen. Und fühlt sich jetzt rundum wohl in den eigenen vier Wänden - die allesamt aus Beton und nicht verputzt sind.
Man sieht in den nicht gestrichenen Räumen die Schalpunkte und Stöße noch, hier wurde nichts geschliffen und geschönt, die grobe Optik ist gewollt.
Designprojekt für wenig Geld
"Das war mehr ein Designprojekt als ein klassischer Häuslesbau" sagt denn auch Nägele vom Memminger Büro SoHo über "B-Hub" (der Abkürzung für "Beton-Hubert"). Ein schmales Budget von 300000 Euro hatte er dafür nur zur Verfügung, inklusive Bauplatz, Einbaumöbeln (und seinem Honorar). Gelungen ist ihm damit ein kompaktes und dennoch großzügig wirkendes 130 Quadratmeter-Haus mit ungewöhnlichen Raum- und Fensterlösungen. Zum Beispiel wurde das Wohnzimmer in den ersten Stock verlegt. So bietet es nicht nur einen echten Rückzugsbereich, offen bis zum Dach scheint der Raum auch größer, als er ist.
Dafür war unten mehr Platz für die lang gezogene Essküche, deren große Fenstertüren an beiden Schmalseiten die Brücken nach draußen bilden, in den Garten hinter dem Haus oder den geschützten Innenhof, der zwischen den Gebäudeteilen entstanden ist.
Kleiderschrank gibt es für die ganze Familie nur einen gemeinsamen, zentral im oberen Flur, das spart Platz in den Zimmern. Er ist ebenso wie die ausgeklügelten Einbauschränke im Erdgeschoss sehr kostengünstig aus einfachen MDF-Platten gebaut - und genau das empfindet Jocham als wahren Luxus: "Ich finde es schön von Dingen umgeben zu sein, zu denen ich durch die intensive Planung einen Bezug habe", sagt er. "Wert hat doch nur etwas, wenn man auch damit umgeht, egal ob es billig oder teuer ist."
Häuser zum Wohlfühlen
"Es gibt nicht viele Bauherren, bei denen man mit Oberflächen so experimentell umgehen kann", meint Nägele und freut sich, dass das auch von den Fachleuten des BDA anerkannt wurde. Dennoch sind sein Ziel - auch wenn er sie schon nicht mehr zählt - nicht die Architekturpreise: "Ich will zeitgemäße, vernünftige Häuser bauen, in denen sich die Bauherrenfamilien wohlfühlen", betont er.