Dreiländer-Marathon Fünf von sechs Kandidaten kämpfen sich am Bodensee ins Ziel Barbara Kuffner gelingt auf Anhieb Traumzeit - Ingrid Mayer muss mit Krämpfen aufhören">

Artikel: AZ-Marathonis zwischen Erschöpfung und Euphorie

7. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Dreiländer-Marathon Fünf von sechs Kandidaten kämpfen sich am Bodensee ins Ziel Barbara Kuffner gelingt auf Anhieb Traumzeit - Ingrid Mayer muss mit Krämpfen aufhören

Von Tobias Schuhwerk |Bregenz/LindauAm Schluss fielen sich alle in die Arme - in einem Gefühlszustand, den so noch keiner von ihnen kannte. Erschöpft. Erleichtert. Euphorisch. "Ich kann es noch gar nicht glauben. Endlich ist alles vorbei. Wir haben es geschafft", jubelte Daniela Rieder im Zielraum des Bregenzer Stadions. Dem 25-jährigen Nesthäkchen im Team derAZ-Marathonis fiel eine Zentnerlast von den Schultern. "Ich war die Tage vor dem Start soooo nervös. Jetzt bin ich nur noch glücklich. Und total platt." Keine Frage: Den Marathonis fiel ihre Premiere beim "Dreiländer-Marathon" am Bodensee schwerer als erwartet.

"Ich hätte nicht gedacht, dass es gegen Ende hin so anstrengend wird", sagte Arnulf Deinzer (48). Auch die gefeierte Barbara Kuffner (44) aus Lindenberg räumte ein, dass sie auf den letzten vier Kilometern kurz vor dem Abbruch stand. "Ich hatte Beine aus Beton und kam mir vor wie ein Elefant", gestand sie.

Betreuer lobt das Team

Doch das war natürlich eine Übertreibung. Denn die Westallgäuerin lieferte eine exzellente Premiere ab und kam schon nach 3:49 Stunden ins Ziel. Als ihre Teamkollegen ins Ziel kamen und sich eineinhalb Stunden später zum "Finisher"-Foto aufstellten, ließ sie sich bereits frisch geduscht auf einer der Massage-Bänke durchkneten. "Barbara hat ihren super Trainingszustand im Rennen bestätigt", freute sich Betreuer Weber (36).

Auch für die anderen Marathonis fand Weber lobende Worte nach einem halben Jahr voller hartem Training: "Jeder hat hier toll gekämpft. Ich bin stolz auf die Truppe." Das schloss auch Ingrid Mayer (50) mit ein, die aufgeben musste. 14 Kilometer vor dem Ziel plagten sie schlimme Krämpfe. Nichts ging mehr. "Es war zum Heulen", sagte die trainingsfleißige Arzthelferin aus Kempten, die in den Tagen zuvor mit einer Erkältung zu kämpfen hatte. Als sie im Zielraum wieder zur Mannschaft fand, hatte sie freilich ihren Humor schon wieder gefunden: "So schnell wie ich war niemand auf den letzten zehn Kilometern", spielte sie auf ihren Transport in einem Sanka an.

Dass die AZ-Marathonis keine Einzelkämpfer sind, sondern im vergangenen halben Jahr zu einem Team reiften, bewiesen Armin Lingg (39/Kempten) und Albert Kirchbihler (55/Akams). Beide mussten gesundheitsbedingt zwar auf den Start verzichten. Doch sie waren extra an den Bodensee gereist, um ihre Kollegen anzufeuern. "Das war klasse", befanden die AZ-Marathonis, die in ihren blauen Shirts auch von anderen erkannt wurden. "Bei mir haben immer wieder Leute gerufen: Auf gehts AZ-Team!", freute sich Daniela Rieder. Und auch dem mitlaufenden Reporter wurde eine besondere Unterstützung zuteil: Als ihn gegen Ende heftige Krämpfe plagten, identifizierte ihn ein Läufer als AZ-Marathoni und half ihm prompt beim Dehnen. Der Reporter lief weiter, war aber dennoch zu langsam, um den unerkannten Helfer einzuholen.

Deshalb auf diesem Wege: Ein herzliches Dankeschön! Das richteten die Marathonis auch an "ihren" Markus Weber: "Ohne ihn wärs nicht gegangen. Er hat mir immer wieder in den Hintern getreten, dass ich mehr machen soll. Sonst wäre ich eingebrochen", sagte Thomas Eisele.

Wie geht es weiter?

Bleibt nur die Frage, ob die Marathonis auch künftig weitermachen wollen. Noch wissen die meisten es selbst nicht. Eine Reihe von Gründen spricht dagegen. Der Beruf. Die Familie. Der innere Schweinehund. Vielleicht hilft bei der Entscheidung für oder gegen das Laufen ja eine Erkenntnis des japanischen Schriftstellers und Langstreckenläufers Haruki Murakami. Der 59-jährige Bestseller-Autor und zigfache Marathonteilnehmer gesteht in einem seiner Bücher: "Ich habe nur wenige Gründe, weiterzulaufen.

Aber einen ganzen Lastwagen voller Gründe, damit aufzuhören. Was bleibt mir anderes übrig, als die wenigen Gründe, die dafür sprechen zu hegen und zu pflegen."

In diesem Sinne: Lant it luck, liebe Marathonis.