Ständig Kampf gegen Vorurteile Stötten/Ostallgäu (hkw). Zehn Betriebe und Institutionen öffneten gestern am 'Girls' Day' landkreisweit ihre Tore, um Mädchen in 'Männerberufe' hineinschnuppern zu lassen (siehe eigener Bericht). Einen solchen hat die Kraftfahrzeug-Mechanikern Marlene Gedler seit 20 Jahren. Schon als Teenager wusste sie, dass sie einmal etwas Technisches oder Handwerkliches machen möchte. 'Aber ein ganz so typischer Männerjob hätte es nicht sein müssen', sagt die heute 36-Jährige. 'Denn so lange ich den Beruf ausübe, werde ich mit Vorurteilen zu kämpfen haben.'
Viele Neukunden, die als Werkstattmeister einen Mann erwarteten, seien zunächst misstrauisch, 'wenn sie stattdessen mich antreffen', erzählt Marlene Gedler, die als Zehnjährige noch Stewardess oder Tierärztin werden wollte. Bald darauf fing sie an, sich für Metallberufe zu interessieren und machte nach der Realschule ihre Lehre zur Kfz-Mechanikerin, die sie in der Stöttener Auto-Werkstätte ihrer Eltern Emmi und Linus Schmid abschloss. 1994 absolvierte sie ihre Meisterprüfung, seit Januar ist sie Inhaberin des Familienbetriebs.
Der Weg dahin sei aber für sie alles andere als selbstverständlich gewesen. 'Ich war mir nicht sicher, ob ich die Lehre durchziehe', sagt sie. Ein weiblicher Mechaniker müsse immer mehr Können beweisen als sein männliches Gegenstück. Und gerade in einem großen Betrieb mit lauter jungen Männern seien Frauen oft Diskriminierungen ausgesetzt, meint Marlene Gedler: 'Zum Beispiel gibt es Männer, die die körperliche Nähe suchen.'
Ihrer Ansicht nach erfordert es menschliche Stärke, sich als Frau in dem 'harten Job' durchzukämpfen. 'Viele packen das seelisch nicht', so Gedler. 'Deshalb will ich Mädels mit technischem Interesse nicht sagen: Macht das!' Nur mit dem Wissen, etwas Besonderes oder 'ein Exot' zu sein, könne man als Kfz-Mechanikerin im Alltag nicht bestehen.
In der geringeren körperlichen Kraft von Frauen sieht Marlene Gedler dagegen kein berufliches Problem. Das sei bei Schreinerinnen, die Wandschränke montieren müssen, sicher schwieriger. 'Bei uns gibt es genug technische Unterstützungen, zum Beispiel Hebebühnen, die den Alltag erträglich machen.' Und Sachen, die sie zu zweit anpacke, packe auch ein Mann zu zweit an. - 'Nur nicht, wenn eine Frau daneben steht', sagt sie lachend: 'Sonst sieht es nicht cool aus.'
Erfolgserlebnisse bei Reparaturen
Gedler hat ihre Berufswahl aber nicht bereut, wie sie sagt: wegen der Abwechslung und des sehr persönlichen Kundenkontakts in ihrem kleinen Betrieb. Auch findet sie die moderne - teils feine, teils grobe - Technik, die in Autos zu finden sei, sehr interessant. Wenn es gelinge, mechanische Schäden zu beheben, sei das ein schönes Erfolgserlebnis, sagt sie.
Früher ist sie selbst Motorrad gefahren, und einmal im Jahr schaut sie sich auch ein DTM-Rennen an. 'Das war's aber auch mit meiner Motorsport-Begeisterung. Schließlich bin ich auch noch Frau', betont Marlene Gedler. Ihr Mann, mit dem sie eine fünfjährige Tochter hat, ist in der Werbetechnik tätig - der Mechaniker in ihrer Familie ist also weiblich.