Von Ingrid Grohe |Westallgäu/GrünenbachUnter den Bauern ist noch lange keine Ruhe eingekehrt. Im Unterallgäu haben zig Milchbauern ihren Austritt aus dem Bauernverband erklärt. Auch im Landkreis Lindau kehrten einige Landwirte ihrem angestammten Berufsverband den Rücken. Ihre Kritik trifft dabei nicht die örtlichen BBV-Vertreter oder den Kreisverband. Vielmehr seien die Kündigungen als "Hilfeschrei" zu verstehen, sagt Armin Eugler, Kreisvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) im Interview.
Herr Eugler, der Milchstreik ist seit fünf Wochen vorbei. Erhalten die Westallgäuer Bauern denn inzwischen einen besseren Milchpreis?
Armin Eugler: Seit dem Lieferstopp hat es noch keine preisliche Verbesserung gegeben. Nur die Baldauf-Lieferanten haben 43 Cent für Juni ausbezahlt bekommen. Unser Ziel ist es aber, dass die Menge mit der Nachfrage übereinstimmt. Dafür sind unsere Forderungen da.
Und wie ist Ihre Stimmung als BDM-Kreisvorsitzender?
Eugler: Ich bin immer optimistisch

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Im Sinne von Zweckoptimismus?
Eugler: Nein, ich bin von der Sache überzeugt und ich bin außerdem von Natur aus meist positiv eingestellt.
Was meinen Sie mit der Sache?
Eulger: Ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Für zwei der drei BDM-Forderungen haben wir die Abklärung, dass sie rechtlich möglich ist, das betrifft die Umlage und den Umrechnungsfaktor. Was die Nullsaldierung anbelangt, wird noch eine Stellungnahme der EU erwartet.
Wie haben örtliche Bauernverbandsvertreter auf die Austritte der BDM-Ortssprecher reagiert?
Eugler: Meines Wissens gar nicht. Mir ist keine Reaktion von Ortsobmännern bekannt. Die BDM-Leute haben sie meistens vorher über ihre Kündigungen informiert.
Hat es in den letzten Wochen weitere Austritte gegeben?
Eugler: Das wissen wir so nicht. Ich rechne auch nicht mit einer großen Autrittswelle.
Der stellvertretende Kreisbauernobmann Elmar Karg war selbst im BDM engagiert und hat sich auch am Milchstreik beteiligt. Er beschwor immer die Einigkeit der Bauern und forderte Zusammenhalt. Ist dies ein frommer Wunsch oder - zumindest im Landkreis Lindau - Realität?
Eugler: Die Einigkeit der Landwirte ist in unserem Landkreis nach wie vor Realität. Der Zusammenhalt vor Ort funktioniert. Wenn es auch zu Zeiten vom Lieferstopp da oder dort Überreaktionen gegeben hat. Das war eine unvermeidbare Begleiterscheinung dessen, dass Bewegung in die Sache gekommen ist.
Sitzen BBV-Funktioniäre in diesem Zeiten nicht zwischen allen Stühlen?
Eugler: Ganz sicher. Ich spüre das in vielen Ortsverbänden. Die Ortsobmänner sagen, unsere Gemeinschaft funktioniert super, wir halten zusammen. Aber sie können sich nicht mehr mit den Zielen des Deutschen Bauernverbandes indentifizieren. Welchen Weg sollen sie denn gehen? Sie sind mit der Basis verbunden. Und die Mehrheit der Basis unterstützt die Forderungen des BDM.
Wagen Sie und andere Vertreter des Bundes Deutscher Milchviehhalter nicht auch eine Gratwanderung? Auch Sie wollen nicht spalten und haben doch durch Ihren Austritt eine Kluft in der Bauernschaft sichtbar gemacht.
Eugler: Unser Austritt wird vielfach falsch verstanden. Gerade die hauptamtliche Seite des Bauernverbandes meint, das sei eine Trotzhandlung. In meinen Augen ist der Austritt ein Hilfeschrei.
Wie lautet der Hilfeschrei konkret?
Eugler: Der Verband soll die Meinung der Basis hören. Die Basis wird immer wieder ausgespielt. In jedem Bundesland wird gesagt: "Aber die anderen Bundesländer". Und das in allen Ländern. Ich sehe das so: Der deutsche Bauernverband agiert autonom. Der Zusammenhang in den Dörfern wird fast missbraucht. Gegenüber der Regierung wird behauptet: "Alle 380000 Mitglieder stehen hinter uns."
Wenn Sie die Auswirkungen des Milchstreiks analysieren: Glauben Sie, die Milchbauern haben etwas gewonnen?
Eugler: Ganz klar. Es ist so viel in Bewegung gekommen. Das Selbstbewusstsein der Bauern ist gestiegen. Habe von einer Genossenschaftsversammlung erfahren, da herrschte die Stimmung, dass die Bauern wieder mitentscheiden, sie haben bereits Satzungsänderungen durchgesetzt.
Ist denn der Einfluss der Landwirte nicht geschwächt durch die Diskrepanz zwischen dem Bauernverband und dem BDM?
Eugler: Ich denke nicht. Der Bauernverband und der BDM haben bei der Bundesregierung sowieso verschiedene Positionen vertreten.
Wie läuft denn aktuell die Zusammenarbeit zwischen BDM- und BBV-Leuten im Landkreis?
Eugler: Da ist es relativ ruhig geworden. Es gibt nicht mehr so viel Zusammenarbeit. Ich bin aber nach wie vor in Kontakt mit Elmar Karg. Vieles klären wir ab miteinander. Übrigens ist er auch noch im BDM-Kreisteam dabei.
Ist Milchstreik nach wie vor eine Option?
Eugler: Der Lieferstopp ist ja nicht aufgehoben, sondern nur ausgesetzt. Aber er wird sicher nicht leichtfertig wieder gestartet. Nur wenn wir gar nicht mehr gehört und bloß ignoriert werden, bleibt er unser letztes Mittel.