Artikel: Ausschuss zwischen Tafelgold und Tennis

9. Januar 2003 20:30 Uhr von Allgäuer Zeitung

Oberstdorf (pts). Ein Filet-Grundstück in zentraler Ortslage stellen die Tennisplätze an der Oberstdorfer Fuggerstraße dar. Das Areal im Besitz der finanziell klammen Marktgemeinde erscheint den Kommunalpolitikern zu wertvoll, als dass sich dort auch weiterhin nur einige wenige Tennisspieler gegenseitig die Bälle zuschieben. So strebte das Rathaus eine Konzentration des Tennisgeschehens auf das Karweidach als Hauptstandort des weißen Sports an. Mit einem Beschluss jüngst im Rats-Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Sport ist man diesem Ziel sehr nahe gekommen. An drei verschiedenen Orten in Oberstdorfwurde bisher der Filzball mit dem Tennisschläger gedroschen, obwohl der Boris-Becker-Boom seit Jahren schon abgeflaut ist. Nachdem der Tennis-Club Rot-Weiß inzwischen einer Bitte der Gemeinde gefolgt ist und sein von der Kommune gepachtetes Tennisgelände im Ortsteil Tiefenbach geräumt hat, winkte die Chance, das Tennisgeschehen gleich ganz im Norden des Kernorts zu konzentrieren. Im Karweidach befinden sich schon mehrere Tennis-Freiplätze und eine Tennishalle der halb kommunalen Kur-AG. Der TC spielt inzwischen schon dort und sorgt somit für eine bessere Auslastung der Anlage. Allerdings wollte der Club von der Gemeinde eine langfristige Bleibegarantie. Die Mitglieder des von FDP-Rat Dr.

Wolfgang Nettesheim geführten Vereins rangen überdies mit dem Rathaus um Pachtfragen. Mit einem Kompromiss, der jetzt vom Ausschuss abgesegnet wurde und als fairer Deal (FW-Rat Oskar Fischer) gilt, eröffnen sich für Tiefenbach und den Zentralort reelle Chancen, sich finanziell besser zu stellen. Das Gelände in Tiefenbach soll zum Teil als Bauland verkauft werden, sodass mit dem Gewinn ein Grundstock für das seit Jahren vom Ortsteil geforderte Haus des Gastes geschaffen wäre. Wenn auch das einen doppelten Steinwurf vom Marktplatz entfernte Areal im Zentrum feilgeboten würde, böte sich etwa der Bau eines Tagungshotels an. Bürgermeister Thomas Müller bemühte seine Phantasie, um den hohen Wert des Fuggerstraßen-Geländes zu beschreiben. Nicht mehr bloß Tafelsilber sei dieses Gemeindeeigentum, sondern sogar Tafelgold. Eine Ansicht, welcher SPD-Fraktionssprecher Dr. Ralf Ecke nur beipflichten konnte. Umso trauriger wäre es aus Eckes Sicht, wenn eine kleine, aber lautstarke Gruppierung mit einem Bürgerbegehren eine Umwidmung des Areals verhindern wollte. Von solchen Absichten zum Schaden der fantastischen Immobilie will der SPD-Rat jedenfalls gehört haben. Einen Verkauf möchte Rathaus-Chef Müller aber nicht übers Knie brechen. Er erwartet sich von der derzeitigen Arbeit am neuen Tourismus-Leitbild in der Zukunftswerkstatt Tourismus Perspektiven, wie das Grundstück sinnvoll zu nutzen sei. Deswegen gewährte das Gremium den Tennisplätzen an der Fuggerstraße lediglich eine Galgenfrist und verpachtete es nur noch für das Jahr 2003 an einen privaten Interessenten.