Von Reinhold Löchle, Marktoberdorf - 'So ein Quatsch', sagt Gerd Borges grimmig, wobei aber auch der Schalk in seinen Augen aufblitzt. Natürlich hat auch er, bis vor kurzem Altenmünster Brauerei-Chef, davon gehört, er wolle im ehemaligen Traditionslokal 'Sailerkeller' einen Swinger-Club eröffnen. Das mit dem Eros-Luxustempel ist aber nicht das einzige Gerücht über die Zukunft des 'Sailerkellers', das seit Wochen in der Stadt kursiert. Erlebnisgastronomie, Mini-Brauerei, Umbau zu Eigentumswohnungen 'Blödsinn', sagt dazu Borges nur und ergänzt die Gerüchteküche mit 'Dialysezentrum'. Tatsächlich aber will Borges künftig einfach privatisieren, und zwar auf dem Schlossberg. Derzeit baut er den 'Sailerkeller' zu einem Wohnhaus um. Täglich steht er auf seiner Baustelle, packt mit an, 'verrichtet niedere Arbeiten', wie er lachend erzählt. Mit den in den letzten Wochen in die Welt gesetzten Gerüchten um das Lokal neben Musikakademie und Stadtpfarrkirche St. Martin könnte man fast schon einen Roman schreiben. Für die Fasnachter dürften sie auf jeden Fall ein gefundenes Fressen sein und damit genügend Nahrung für Narrengerichte ganz verschiedener Art geben. Die Krönung der Zukunftsphantastereien rund um den 'Sailerkeller' war ohne Zweifel das Gespenst eines Swinger-Clubs in kirchlich-kultureller Nachbarschaft. Aber auch was so alles über den Abgang des letzten Wirts zu hören war, klang recht abenteuerlich. Fahndung durch Interpol, Flucht nach Spanien und Nordafrika, Schuldenberge Hakt man in dieser Sache aber in Polizeikreisen nach, herrscht dort Verwunderung ob solcher Gedanken: 'Nichts davon bekannt.' Und Gerd Borges als Verpächter des ehemaligen Lokals betont: 'Ich hab mein Geld bekommen.'
Viel Geld investiert Tatsache ist, dass der bisherige Wirt nach seiner ersten, recht guten Sommersaison schnell wieder seine Zelte in Marktoberdorf abgebrochen hat und nun tatsächlich in Spanien weilt. Da aber Borges in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Pächterwechseln durchmachte, befand er ob der neuesten Situation: 'Ich hab' jetzt die Schnauze voll.' Allein vor ein paar Jahren habe er 700000 Mark in den Umbau des 'Sailerkellers' investiert. Als er jetzt das pächterlose Haus inspizierte, musste er erkennen, dass erneut hohe Summen hätten reingebuttert werden müssen, um es wieder auf Vordermann zu bringen. Lange sei er mit sich schwanger gegangen, ob er dort nicht selbst Wirt einer Hausbrauerei werden sollte. Doch dann habe er, der am 17. März seinen 65. Geburtstag feiert, sich entschieden: 'Schluss, aus. Was ist, wenn ich bald tot umfalle ' Dazu kam, dass Gerd Borges und seine Frau Rita schon längere Zeit sich nach einem größeren Haus umschauten. Also kam's gerade recht, dass der 'Sailerkeller' keinen Wirt mehr hatte. Seit Dezember wird das Gebäude innen völlig umgebaut. Nicht nur einstigen Stammgästen dürfte das Herz bluten. Trostlos sieht es im Innern des Hauses auf, dessen ältester Teil vermutlich Mitte des 19. Jahrhunderts auf einem Bierkeller errichtet und laut Borges etwa 1920 erweitert wurde. Der Hauseigentümer verspricht aber, die Architektur des imposantes Bauwerkes werde nicht verändert. Vielmehr sollen Schloss, Kirche und Sailerkeller künftig wieder stärker als Ensemble in Erscheinung treten. Deshalb stehe er auch in engem Kontakt mit Kreisbaumeister Anton Hohenadl. Gerd Borges: 'Ich habe hier eine kulturhistorische Verpflichtung.' Bis August will Borges fertig sein. Möglicherweise wird bis dahin noch manches Gerücht über den 'Sailerkeller' die Runde machen. Die Vermutung ist wohl nicht ganz so falsch, dass einiges davon Borges auch erfreut und er deshalb die eine oder andere Spekulation auch gar nicht zum Verstummen bringen will. Vielleicht gilt dies auch für die Sache mit dem Sex-Club. Ein Swinger-Club neben Kirche und Schloss sei 'ein unmöglicher Gedanke' erklärt er im Brustton der Überzeugung inmitten von Bohr- und Meißellärm - und schaut dabei leicht spitzbübisch über den Rand seiner völlig verstaubten Brille