Kempten: Aus vielen Aushilfsjobs wurden 65 Jahre an der Kirchenorgel

15. Januar 2009 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
privat

Begegnung - Lilli Spindler beendet ihre klingende Tätigkeit in St. Hedwig

Wenn irgendetwas das Leben von Lilli Spindler geprägt hat, ist es die Kirchenmusik. Rund 65 Jahre wirkte sie als Organistin und Chorleiterin; in jungen Jahren in ihrer Heimatstadt München und seit 1964 in Kemptener Pfarreien. "Und so manches Mal wurde aus einer Aushilfstätigkeit ein jahrzehntelanger Wirkungskreis", erzählte sie, als sie jüngst ihrer klingenden Tätigkeit in St. Hedwig "ade" sagte, um in Pension zu gehen.

"Glück ist, etwas haben, das man liebt", sagt ein Sprichwort. So gesehen hat Lilli Spindler mit ihrer Liebe zur Musik zeit ihres Lebens viel Glück gehabt. Als Tochter eines Chordirektors begann die heute 77-Jährige früh mit dem Orgelspiel. Die gebürtige Münchnerin entsinnt sich: "Es war das letzte Kriegsjahr, als kurz vor Weihnachten unser Organist zum Militär musste." Weil die 13-Jährige ihre ersten Versuche an den Orgeltasten bereits hinter sich hatte, befahl ihr der Vater, aushilfsweise die Orgel zu spielen.

Nach Kriegsende studierte Lilli Spindler Musik und leitete einen Kirchenchor. "Sie ist die jüngste Chorleiterin der Diözese München-Freising", ist in einer vergilbten Kirchenzeitung nachzulesen. Über 15 Jahre wurden aus diesem Einstieg in die Chormusik. 1964 heiratete sie dann und zog mit ihrem Ehemann Hans Joachim nach Kempten, wo sie zunächst wieder als Aushilfe in der Markuskirche als Organistin arbeitete.

Freilich, aus dem Aushilfsjob wurden über zwei Tätigkeitsjahrzehnte. Und als sie gebeten wurde, den Chor von St. Hedwig für den erkrankten Chorgründer Martin Fuchsenthaler übergangsweise zu leiten, "da dachte ich mir, es soll ja nicht für ewig sein und sagte zu", erzählt die 77-Jährige.

Zwischendurch war Lilli Spindler 15 Jahre lang an der Sing- und Musikschule beschäftigt. Ab 1990 war sie "nur noch" in St. Hedwig in Thingers engagiert. Bis, ja bis der Chorleiter erneut erkrankte und sie in den Jahren darauf wieder einmal "vorläufig" als Chorleiterin für rund 40 Sänger im Einsatz war. Vor rund einem halben Jahr beschloss Lilli Spindler dann, ihre Arbeit zu halbieren. Doch zum Jahresende 2008 klappte die Organistin kurz entschlossen zum letzten Mal den Deckel der Orgel zu.

Fragt man die Kirchenmusikerin, ob ihre klangreiche Tätigkeit ihr nicht fehlen werde, sagt Lilli Spindler: "65 Jahre an Sonn- und Feiertagen im Einsatz, das war nicht immer leicht." Doch sie fügt hinzu: "Aber man wurde stets gebraucht - es war ein erfülltes, glückliches Leben."