Von Jürgen Gerstenmaier, Kempten/Memmingen - Aus für den Standort Memmingen, Rettung für den Standort Kempten - diese Nachricht wurde jetzt den Mitarbeitern der Modehäuser Wagner überbracht. In Memmingen verlieren zum 1. Februar 80 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz, das Kemptener Haus der insolventen Specht-Gruppe mit 330 Beschäftigten wird von dem Ravensburger Unternehmen Reischmann Mode + Sport weitergeführt. Anfang Dezember hatte, wie mehrfach berichtet, die seit längerem wirtschaftlich angeschlagene Kemptener Specht-Unternehmensgruppe Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit) anmelden müssen. Nach Angaben der Geschäftsleitung hatten der warme Sommer, ein ruinöser Preiskampf im gesamten Einzelhandel sowie die allgemeine Kaufzurückhaltung den Umsatz einbrechen lassen. Die Banken, die das Allgäuer Traditionsunternehmen mit Millionenbeträgen bei der Sanierung unterstützt hatten, wollten kein Geld mehr nachschießen. Die Bemühungen, die gesamte Gruppe mit insgesamt fünf Modehäusern zu retten, schlugen fehl. Für die beiden Häuser in Memmingen mit 80 Beschäftigten und in Ingolstadt mit 230 Mitarbeitern fand sich kein Übernahme-Interessent. Sie schließen zum 1. Februar. Im Januar, so Geschäftsführer Jürgen Schroers, soll noch ein Räumungsverkauf stattfinden. Was mit dem Objekt in Memmingen geschieht, kann Schroers nicht sagen: 'Die Immobilie gehört faktisch den Banken, die nun nach einer Lösung suchen werden.' Das Modehaus 'Kilian' in Lörrach (60 Beschäftigte) wird ebenfalls geschlossen, die Immobilie dort war angepachtet.
'Enorm schwierige Zeiten' Als 'Glücksfall' bezeichnet es Schroers, dass 'in diesen für den Einzelhandel enorm schwierigen Zeiten' zumindest für Kempten (330 Mitarbeiter) und Ravensburg (70 Beschäftigte im Modehaus 'Sommer') mit der Firma Reischmann ein Übernehmer gefunden werden konnte. Das von drei Brüdern geführte Unternehmen betreibt in Ravensburg insgesamt drei Mode- und Sporthäuser mit rund 300 Mitarbeitern. Reischmann wird nach Schroers' Worten die Immobilien in Kempten und Ravensburg mieten und den Geschäftsbetrieb fortführen. Der Familie Specht - im vergangenen Jahr zog sich mit Wolfgang Specht der letzte Familienvertreter aus dem operativen Geschäft der Modehäuser zurück - wird nichts mehr an der Unternehmensgruppe bleiben; weder Immobilien noch irgendwelche Beteiligungen. Das Familien-Unternehmen ist 1810 gegründet worden. In den vergangenen Monaten waren sowohl das Stammhaus in Kempten als auch das Ingolstädter Haus mit Millionenbeträgen umgebaut und modernisiert worden. Umsatzschwache Sortimente wie etwa Teppiche wurden aufgegeben, dafür konzentrierte man sich auf Textiltrends, den Sport-Bereich und bekannte Marken. Hätte diese Umorientierung schon früher begonnen, so sagt ein Branchenkenner, 'hätte es mit Wagner nie so weit kommen müssen'.