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Aus den Zellen werden Säulen

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Aus den Zellen werden Säulen

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    Telekom setzt auf öffentliche Telefone aus Stahl ­ Standorte häufig unrentabel. Von Vitalis Held Marktoberdorf Die gute alte Telefonzelle hat ausgedient. Diese Botschaft vermittelt die Telekom nun auch in Marktoberdorf. Beispielsweise am Bahnhof oder beim Gulielminetti-Altenheim: Statt einer Zelle steht dort seit kurzem eine Edelstahl-Säule mit Telefonhörer und leuchtendem 'T' obendrauf. Dies sei unzumutbar, schimpfte neulich ein AZ-Leser: Die Nutzer müssten bei Regen und Kälte im Freien telefonieren, nicht mal ein Telefonbuch finde sich am öffentlichen Fernsprecher. Wirtschaftliche und ästhetische Gründe nennt Telekom-Sprecher Waldemar Schardaner als Grund für diese neuen Säulen der öffentlichen Kommunikation.

    18 öffentliche Telefone gibt es noch in Marktoberdorf, erklärt Schardaner. Zwei Münzhäuschen, 14 Zellen mit Karten und zwei neue so genannte 'Tele-Stationen'. Nach Rücksprache mit der Schulleitung habe man vor einigen Wochen eine Telefonzelle beim Gymnasium abmontiert, nur etwa 100 Meter entfernt gebe es beim Altenheim in Form einer neuen Telefonsäule. Dieser Weg sei Schülern zumutbar. Auch das Telefon im Modeon 'glänzt durch Nicht-Inanspruchnahme' (Schardaner) und soll verschwinden.

    Mit der Verwandlung von Telefonzellen in Säulen verschwindet eine mehr als 90 Jahre alte Einrichtung, die auch im Zusammenhang mit dem Ausbau der privaten Telekommunikation zu sehen ist. In den 80er-Jahren, so Schardaner, war der Punkt erreicht, an dem jeder Haushalt über ein eigenes Telefon verfügte. Die Nutzung der Münztelefone ging zurück. Ein weiterer Rückgang trat in den vergangenen Jahren ein. Der Grund liegt in der Hand: Rund 60 Prozent der Bevölkerung nutzen mittlerweile Handys und brauchen keine öffentlichen Telefone mehr. Dennoch, so stellt Schardaner klar, nehme die Telekom ihren gesetzlichen Auftrag zur Grundversorgung mit Telefonen sehr ernst.

    700 Mark Grundkosten

    Grenzen sehe aber auch das Gesetz in der Wirtschaftlichkeit. Und genau dies ist der Grund, warum manche Standorte nun verschwinden. Wirtschaftlichkeit bedeute nämlich, dass im Durchschnitt monatlich 700 Mark Grundkosten für Reinigung, Strom und ähnliches pro Zelle erwirtschaftet werden müssen. In Zeiten, da Schlangen vor den Häuschen längst Vergangenheit sind, sei dieses Ziel bei einigen Groschen pro Gespräch schwer zu erreichen. Falls aber Zellen abgebaut werden, geschehe dies in Absprache mit den Gemeinden. Und wenn man beispielsweise beim Marktoberdorfer Bahnhof nur noch eine statt zwei Zellen finde, dann 'reicht das offensichtlich aus'. Geradezu ins Schwärmen gerät Schardaner, wenn er die neuen Tele-Stationen beschreibt: Edelstahl sei ein moderner, schön formbarer Werkstoff, der dem Sauberkeitsanspruch der Bevölkerung entgegenkomme. Denn die geschlossenen Zellen hatten oft das Image einer Schmuddelkiste. Die offenen Säulen seien wieder mit Münzen zu bedienen. Um an den frei stehenden Säulen auch bei Straßenlärm den Partner am anderen Ende der Leitung zu verstehen, könne der Nutzer die Lautstärke regeln.

    Und die fehlenden Telefonbücher? Diese waren laut Schardaner häufig abgefackelt oder die entscheidende Seite war als Schmierzettel missbraucht worden. Daher biete man von der Tele-Station nun einen verbilligten Auskunftstarif für 60 Pfennige.

    Zudem zeigte eine Umfrage an einer Marktoberdorfer Telefonsäule: Jüngeren Telefonierern gefallen die Edelstahl-Säulen. Nostalgie: die gelbe Post-Zelle Typ Telekom im Doppelpack Edelstahl und frische Luft: die neuen Tele-Stationen der Telekom

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