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Aufgeplatzte Lippe im Streit um eine Mütze

Westallgäu

Aufgeplatzte Lippe im Streit um eine Mütze

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    Das Amtsgericht Lindau hat einen 40-Jährigen freigesprochen, obwohl er nach einem Kneipenabend einem jungen Mann einen Schlag ins Gesicht versetzt hatte. Nach Ansicht des Gerichts hat er den Schlag möglicherweise aus Notwehr verpasst.

    Eine entscheidende Rolle spielte die Schirmmütze, die ein junger Mann auf dem Kopf trug und zu der er eine besondere Beziehung hat, wie sich im Lauf des Verfahrens herausstellte. "Außergewöhnlich" sei dieses Verhältnis, sagte der Verteidiger, sie sei für den jungen Mann "eine Art Heiligtum", so der Staatsanwalt. Der junge Mann, der schließlich eine Faust ins Gesicht bekam, trug das Bekleidungsstück zu allen möglichen und auch unmöglichen Gelegenheiten, in diesem Fall in einem Bistro in Lindenberg.

    Er war dort mit einigen Bekannten am Zechen, als der spätere Angeklagte mit einem Freund die Kneipe betrat. Er hatte gute Laune, fragte daher, ob sie sich zu den jungen Leuten an den Tisch setzen könnten, und so zechten sie wenig später gemeinsam weiter. Der Angeklagte hatte am Ende 1,56 Promille intus, der Mützenträger vermutlich noch erheblich mehr.

    Nach eigener Auskunft war er zum Tatzeitpunkt gegen 23 Uhr "total dicht".

    Was dann am Kneipentisch geschah, ist nicht mehr so genau nachzuvollziehen. Der Angeklagte kam irgendwie an die Mütze. Nach seinen Angaben fiel sie ihrem Träger beim Versuch, die Toilette aufzusuchen vom Kopf, und er gab sie ihm zurück. Anders schilderte es der Träger der Kopfbedeckung. Der Angeklagte habe ihn gehänselt und versucht, die Mütze vom Kopf zu ziehen. Mit der guten Stimmung war es jedenfalls schlagartig vorbei, "aggressiv" sei die Atmosphäre gewesen, berichtete einer, der ebenfalls am Tisch saß.

    Der Angeklagte jedenfalls beschloss zu zahlen und wollte die Kneipe verlassen. Doch noch im Vorraum bekam er nach eigenen Angaben zwei kräftige Stöße in den Rücken. Der Träger der Mütze war ihm gefolgt, streckte ihm beide Hände entgegen und fragte, welche er lieber ins Gesicht geschlagen haben wolle. Der Angeklagte wich zurück, der Mützenträger folgte, bis der 40-Jährige nicht mehr weiter zurückkonnte und sich nicht anders zu helfen wusste, als dem Mützenträger einen Faustschlag zu verpassen. Folge war eine geplatzte Lippe.

    Die Staatsanwaltschaft wertete diesen Schlag als vorsätzliche Körperverletzung ohne rechtfertigenden Grund. Der ansonsten völlig unbescholtene Angeklagte und sein Verteidiger führten dagegen Notwehr ins Feld. Richter Klaus Harter entschied für den Angeklagten. Man könnte zu seinen Gunsten eine Notwehrhandlung nicht ausschließen.

    Der als Zeuge geladene Mützenträger war vor Gericht ohne sein bestes Stück erschienen. Ansonsten hätte er sich vermutlich eine knackige Rüge des Richters eingefangen, der bei anderer Gelegenheit mal einen Zuschauer mit den Worten "Die Wahrscheinlichkeit dass es im Gerichtssaal regnet, ist denkbar gering. Also ziehen Sie bitte die Mütze ab" zur Ordnung gerufen hatte. (mb)

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