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Artikel: Auf Dienstreise mit der Kanzlerin

3. Dezember 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Vortrag ddp-Cheffotograf Kappeler spricht in seiner Heimat Nesselwang über seine Arbeit

Von Ingo Buchelt |NesselwangSeine Fotos zieren Titelseiten von Tageszeitungen. Michael Kappeler, Cheffotograf der Nachrichtenagentur ddp (Deutscher Depeschendienst) ließ rund 150 Besucher einer Benefizveranstaltung des Lions Club Füssen mit seinen Fotos und Anekdoten einen Blick hinter die Kulissen einer Auslandsreise der Bundeskanzlerin werfen. Bei seinem Vortrag in Nesselwang hatte der Wahlberliner ein "Heimspiel". Der gebürtige Nesselwanger begrüßte Eltern, Freunde und Bekannte, darunter sein "journalistischen Ziehvater" Arno Späth, den früheren Leiter der Füssener Lokalredaktion unserer Zeitung. Am Ende erhielt er von den begeisterten Zuschauern lang anhaltenden Applaus für einen außergewöhnlichen Abend mit außergewöhnlichen Aufnahmen.

Die Bundespolitik, aber auch Krisen und Großveranstaltungen wie G-8-Treffen, Olympia und die Fußball-WM gehören zu Kappelers Arbeitseinsätzen. Er fotografierte Bundeswehrsoldaten in Afghanistan und den weinenden Michael Ballack nach dem WM-Finale von Dortmund. Er war mit der Kamera hinter der Ziellinie, als der Nesselwanger Biathlet Michi Greis in Turin Gold gewann, "für mich als Nesselwanger ein besonderes Erlebnis", so Kappeler. Er gehört zu der Schar "handverlesener" Journalisten, die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auf Auslandsreisen begleiten dürfen. "Meistens sind nur zwei Fotoreporter dabei, manchmal bin ich allein", berichtete Kappeler. So auch auf Merkels Südamerikareise.

Mit zahlreichen Fotos dieser Reise nahm Kappeler seine Zuhörer nach Brasilien, Peru, Kolumbien und Mexiko mit. Im Tross der Kanzlerin flogen Politiker, Wirtschaftsvertreter, Beamte, Sicherheitspersonal, Dolmetscher und Journalisten mit. Als einzige hat Angela Merkel ein Schlafzimmer mit Nasszelle in der Regierungsmaschine, weshalb sie nach einem neunzehnstündigen Flug "die Gangway wie aus dem Ei gepellt heruntersteigt, während die Journalisten ziemlich zerknautscht aus ihrer Holzklasse kommen", berichtete Kappeler. Ein 149 Seiten starkes Handbuch informierte detailliert über den Reiseablauf, Sicherheitshinweise, die Temperatur im Gastland und die für offizielle Anlässe vorgeschriebene Garderobe. Auf einem Plan waren sogar die "Fotopositionen" eingezeichnet.

500 bis 1000 Fotos macht Kappeler pro Tag bei solchen Einsätzen, 10 bis 20 wählt er eiligst aus, um sie egal von wo an seine Agentur abzusetzen, mit Satellitentelefon oder per E-Mail. Der Druck ist enorm. Der Aufwand muss sich lohnen. Seinen Beruf empfindet er als Privileg: "Man erlebt viel, was man sonst nicht erleben würde". Seine Frau, selbst Kamerafrau beim Fernsehen, hat Verständnis, wenn er ganz plötzlich nach New York muss.

Staatschefs auf Beerenjagd

Vor dem Füssener Lions Club zeigte Kapeller, der schon Bundeskanzler Gerhard Schröder auf Auslandsreisen begleitet hatte, auch Fotos von der Grönlandreise der Kanzlerin im Sommer 2007. Merkel wollte sich ein Bild von den Auswirkungen des Klimawandels machen. Während man ihr Kappeler zufolge bei offiziellen Staatsbesuchen große Anspannung und Konzentration ansieht, haben sie in Grönland regelrecht "entspannt" gewirkt.

Sogar im roten Fleecepulli ließ sie sich fotografieren. Bei einem Halt in der Wildnis fing sie plötzlich an, Wildbeeren zu sammeln, und zeigte ihren Fund der Reisegesellschaft, worauf ihre Begleiter, darunter Umweltminister Gabriel, der dänische Ministerpräsident Rasmussen und der grönländische Premierminister sich sogleich beteiligten. "Auf einmal kroch die ganze Reisegesellschaft auf der Erde herum", kommentierte Kappeler seine Fotos.