Kultusminister Siegfried Schneider zu Gast in Weiler - Westallgäuer fordern Antworten auf Fragen rund um Bildung">

Artikel: Auf der Suche nach dem pädagogischen Sinn

26. Juli 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
thomas gretler

Kultusminister Siegfried Schneider zu Gast in Weiler - Westallgäuer fordern Antworten auf Fragen rund um Bildung

Von Sabrina Müller |Weiler/WestallgäuNach einer "humanen Verspätung" von rund 25 Minuten, wie Organisator und Landtagsabgeordneter Eberhard Rotter es nannte, ist Bayerns Kultusminister Siegfried Schneider am Donnerstagabend im voll besetzten Kolpinghaus in Weiler eingetroffen. Nach fünf Schulbesuchen im gesamten Allgäu war die öffentliche Veranstaltung zum Thema "Bildungsland Bayern - leistungsstark und gerecht" der Abschluss eines kilometerreichen Tages des Ministers.

Nach allgemeinen Informationen über aktuelle Situation und Zukunft an Bayerns Grund-, Real-, Hauptschulen und Gymnasien war die Initiative der etwas mehr als 100 Zuhörer gefragt. In einer Diskussionsrunde stellte sich Kultusminister Schneider Fragen und Kritik von Westallgäuer Bürgermeistern, Schulleitern, Lehrern und Eltern.

Zwei Punkte sind Elternbeiratsvorsitzender Sonja Gebauer von der Grundschule Scheidegg ein Dorn im Auge: Zum einen die Tatsache, dass sich die Scheidegger Grundschule eine Halbtags-Sekretärin mit Hei- menkirch teilen muss. Den insgesamt 320 Schülern an beiden Schulen steht somit nicht jeden Tag eine Schulsekretärin zur Verfügung. Zum anderen "hilft am Ende alles nichts - wir brauchen mehr Geld, um die Basisbildung in der Grundschule zu verbessern", forderte Gebauer.

"Mehr Geld für Bildung? Da haben Sie mich auf Ihrer Seite", so die Antwort von Minister Schneider. Die Problematik sei allerdings, dass für Eltern immer diejenige Schulform gerade die wichtigste ist, die das eigene Kind besucht. Ähnlich unkonkret war auch seine zweite Antwort: Danach gebe es zwar bayernweit relativ viele Angestelltenstunden, für die einzelnen Schulen seien es jedoch zu wenig.

Wenig ergiebig war auch die Antwort des Kultusminsters auf die Frage von Oberreutes Bürgermeister Gerhard Olexiuk nach dem pädagogischen Sinn, die dritte Klasse der Oberreuter Grundschule zu teilen, um dann die eine Hälfte in die zweite Jahrgangsstufe zu stecken, die andere in die vierte. Schneider: Pädagogisch seien die jahrgangskombinierten Klassen wenig umstritten.

Andernorts würden Erst- bis Viertklässler gemeinsam unterrichtet und Eltern würden sogar dafür zahlen.

Xaver Rietzler aus Lindenberg hat beruflich seit zehn Jahren bei der Firma Liebherr mit jungen Menschen in der Ausbildung zu tun. Für ihn sieht es momentan so aus, als ob "alles, was sich mit zwei Händen und Füßen bewegen kann, versucht, einen erweiterten Bildungsabschluss zu bekommen". Ihm fehlen dabei allerdings teilweise die nötigen Qualifikationen. "Es gibt verdammt gute, junge Leute, die es wert sind, dass wir sie gut ausbilden", so Rietzler. Die Hauptschüler von früher seien die heutigen Real- oder M-Zug-Schüler - "und in diesem Zustand geht es leider nicht mehr weiter."

Der Kultusminister sieht es wie Rietzler: "Die Hauptschule ist nicht mehr die von vor 30 Jahren. Tätigkeiten für Ungelernte sind nicht mehr da." Die Hauptschule gebe es ohnehin nicht - weder in Bayern, noch in Deutschland.

Um die Qualifikationen eines Einzelnen in der Schule verbessern zu können, sei die Wirtschaft befragt worden: Welche Anforderungen sind wichtig? Wo müssen die Kernkompetenzen liegen?, sagte Schneider. Ebenso wichtig sei es, dass Schüler über Betriebspraktika frühzeitig Einblicke in die Arbeitswelt bekommen.

Ebenfalls auf die Hauptschulen zielten die Äußerungen des Elternbeiratsvorsitzenden Rainer Wolf der Volksschule Weiler ab. Auf die Frage, was getan werden kann, um Hauptschülern eine Perspektive aufzuzeigen und das Image dieser Schulform aufzupeppen, hatte Schneider eine ganze Batterie an Antworten parat: an die Presse gehen und dafür sorgen, dass die Schule in der Öffentlichkeit (positiv) wahrgenommen wird; Fördervereine gründen (so wie an Gymnasien üblich); einen Namenspatron für die Schule suchen, weil das das Wertebewusstsein und die Identifikation fördern würde.

Karl-Heinz Rudolph, Bürgermeister der Marktgemeinde Weiler-Simmerberg, vermisst Kommunikation nach außen. Dass auch ein Hauptschüler bis zur Promotion kommen kann, sei den Menschen zu wenig bekannt. Rudolph sieht in einer verstärkten Öffentlichkeitsarbeit einen "Baustein dafür, die Hauptschule zu stärken". Rudolph hakte zudem nach in Sachen M-Zuges (Mittlerer-Reife-Zug) ab der fünften Jahrgangsstufe (wir berichteten). Bei einer Übertrittsquote an Gymnasium oder Realschule von 85 Prozent solle er in Weiler "das Ausbluten der Hauptschule verhindern" (Rudolph).

Da die Anmeldungen für die Realschule bereits gelaufen sind, werde es heuer keinen M-Zug mehr geben, sagte Schneider. Er verwies auf eine Projektklasse am Tegernsee, die den M-Zug gerade testet. Abhängig von den dort gewonnen Erkenntnissen entscheide sich, wie es im kommenden Jahr in Weiler weitergehen könnte.