Sie hatten nicht nur in der Loipe die Nase vorn: Nesselwangs Skisportler waren auch vorne dran, wenn es um Neuerungen ging. Sie waren zum Beispiel die Ersten in Deutschland, die den Aufsprunghang der Schanze maschinell präparierten. 1967 war das, bei den Deutschen Meisterschaften im Nordischen Skisport.
"Die Idee wurde aus der Not geboren", erinnert sich Helmut Böck, Sprecher der Bürgerwerkstätte "Skigeschichte Nesselwang". Wenige Tage vor dem Wettkampf musste der Skiklub den völlig vereisten Aufsprunghang der Hans-Riefler-Schanze bei Wank präparieren. "Da wurde uns klar, dass wir das bis zum Start händisch nicht mehr schaffen würden", erzählt Böck.
Prototyp aus Holzbohlen
Aus starken Holzbohlen bauten die Nesselwanger ein zwei Meter breites und knapp drei Meter langes leiterähnliches Gestell, in dessen Unterseite Stahlnägel eingeschlagen wurden. Per Winde wurde es hochgezogen und mit zwei Schneehexen wieder herabgelassen. Diesen Vorgang wiederholten sie, bis der Hang sprungtauglich war. Das Springen ging reibungslos über die Bühne. "Die Oberstdorfer haben sich die Methode zeigen lassen und übernommen. Natürlich sind die Geräte weiterentwickelt worden", so Böck.
Für denselben Wettkampf erfanden die Nesselwanger die erste - damals noch elektrische - Datenübertragung. Bis dahin schrieben die Kampfrichter die Haltungsnoten auf Zettel, die von Helfern eingesammelt und im Laufschritt ins Rechenbüro gebracht wurden. "Bis das Ergebnis feststand, mussten alle warten: Springer, Zuschauer, Kampfrichter. Das dauerte uns zu lange", erläutert Böck, der als ehemaliger Deutscher Meister in der Nordischen Kombination wusste, worauf es beim Wettkampf ankam.
Otto Zemenek baute im Auftrag des Skiklubs für jeden Kampfrichter eine Tastatur, in die er die Noten eintippte. Über eine elektrische Leitung wurden sie ins Rechenbüro übertragen, wo sie auf einer "Rechenkiste" angezeigt wurden. Wie üblich wurden die höchste und niedrigste Note per Knopfdruck gelöscht und das Ergebnis konnte rasch ermittelt werden.
"Die Garmischer ließen sich unser System vorführen und übernahmen es für das Neujahrsspringen 1968. Am selben Abend haben wir es im Aktuellen Sportstudio des ZDF vorgestellt", berichtet Böck.
EDV-Premiere 1971
In Zusammenarbeit mit einer Computerfirma entwickelten die Nesselwanger das System weiter und waren die Ersten in Deutschland, die bei den Junioren-Europameisterschaften 1971 in Nesselwang die gesamte Daten- und Zeiterfassung per EDV abwickelten.