MM-Amendingen (ho). - Keineswegs ans Aufhören, 'wenn die Gesundheit weiter mitspielt', denkt der 83-jährige Amendinger Frisörmeister Alois Roth. Noch täglich steht er inmitten seiner Kundschaft in seinem Geschäft an der Dirrstraße. Nur in der Mittagszeit genehmigt sich der rüstige 'Barbier' ein Nickerchen, das ihm dann wieder Kraft für den Rest des Tages gibt. Seit 70 Jahren geht Roth mit Kamm und Schere um. Der gebürtige Amendinger, aufgewachsen beim 'Scheichenbauern' in Amendingen, direkt neben der Pfarrkirche St. Ulrich, absolvierte beim Friseur Stubenvoll am Memminger Schmidplatz eine dreijährige Lehre. Roth erinnert sich: 'Lohn gab es 1933 keinen, sondern der Vater musste 300 Mark Ausbildungsgeld auf den Tisch legen, damit die Lehrzeit gesichert war'. Sein dabei erlerntes Können erweiterte der heute 83-Jährige 'auf der Walz' bei Friseuren in Plochingen, Lindau und München. Nach Arbeitsdienst, Kriegseinsatz und Gefangenschaft kehrte Roth 1945 in sein Heimatdorf zurück. Als seine Mutter das Haareschneiden in der guten Stube daheim 'nicht mehr duldete', zog Alois Roth in das Haus Dirrstraße 5 um. Es gehörte seinem Vater, musste aber umgebaut werden. Um das Geld für die notwendigen Ziegel zu verdienen, ließ sich Roth ein halbes Jahr lang bei der Steinheimer Ziegelei als Arbeiter einstellen. Im Mai 1946 war es dann so weit: Er konnte ein Geschäft bei der Handwerkskammer anmelden. 1947 heiratete er Frieda Huith, die ebenfalls Frisörin war; sie verstarb 1981. Das Geschäft, das zunächst nur auf zwei Räume begrenzt war, wurde auf drei Räume erweitert.
Dem bis dahin reinen Herrensalon wurde ein Damensalon angegliedert. Zehn Jahre betrieb Alois Roth auch einen Salon an der Memminger Herrenstraße. In Spitzenzeiten beschäftigte er in seinem Betrieb bis zu 25 Personen. Sein Grundsatz: 'Meine Kunden werden gut, schnell und preiswert bedient' Dafür sorgt er nach wie vor inmitten des Geschäftes. Wer vom Chef mit dem goldenen Meisterbrief selbst bedient wird, muss etwas Zeit mitbringen, da dieser - Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle - jeden Kunden begrüßt und ihn auch persönlich wieder verabschiedet. Wenn der unermüdliche 83-Jährige nach Ladenschluss Pinsel, Schere, Kamm und Föhn zur Seite gelegt hat, werden die Tagesberichte geschrieben. Auch die gesamte Lohnabrechnung und die monatlichen Steuererklärungen bearbeitet der Meister nach wie vor selber. Roth ist in Amendingen auch als Gründer und Förderer zahlreicher Institutionen und Vereine hoch angesehen. Er gründete 1954 den Musikverein und spielte dort 25 Jahre die Posaune. 20 Jahre sang er aktiv im Kirchenchor, spielte in der Theatergruppe mit. Noch heute nimmt er am gesellschaftlichen Leben teil. So auch am traditionellen Weinfest, bei dem er das Tanzbein noch 'wie ein Junger schwingt'. Einmal im Jahr verreist der 'Meister'. Dabei lernte er auch seine jetzige Lebensgefährtin Lotte Kappelmann kennen; das war auf Teneriffa. Auf eine Frage weiß Roth noch keine Antwort, nämlich, wie es nach seiner langen Ära mit seinem Geschäft einmal weitergeht, denn ein Nachfolger - sein Sohn geht einem anderen Beruf nach und wohnt in Augsburg - ist nicht in Sicht